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Stimmt die Humusbilanz?

Die Fruchtfolgegestaltung in Betrieben mit einem hohen Bedarf Feuchtbiomasse für die Biogasproduktion ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Sven Böse zeigt, wie in standortangepassten Fruchtfolgen risikoarm preiswerte Biomasse erzeugt werden kann, ohne Raubbau am Boden zu betreiben.

Enge Fruchtfolgen!
Die folgenden Fruchtfolgebeispiele gehen davon aus, dass auf 60% der Ackerfläche silierfähige Biomasse für die Biogaserzeugung produziert werden soll und auf 40% der Fläche lukrative Marktfrüchte für die Bioethanol- und Biodieselproduktion. Für eine ausgeglichene Humusbilanz darf der Anteil des Silomaises 40% nicht übersteigen, ein Drittel der Biomasse soll über Wintergetreide-Ganzpflanzensilagen (GPS) erzeugt werden. Zwar ist Silomais auf den meisten Standorten ertragreicher, Wintergetreide nutzt jedoch die Winterfeuchte besser, hat nur den halben Humusverbrauch und ermöglicht eine Verschiebung der Ernte- und Konservierungsarbeiten in den arbeitsarmen Juni.

Humusbilanz nach Cross Compliance passt oft nicht
Die Humusbilanz nach Cross Compliance muss im Bereich zwischen -75 und +125kg Humus-C/ha und Jahr liegen und darf ein Defizit von 75kg Humus-C/ha und Jahr nicht überschreiten. Berücksichtigt werden hierbei die „unteren Werte“ für Humusänderungen nach VDLUFA. Diese wurden aus Dauerdüngungsversuchen des ostdeutschen Trockenklimas abgeleitet und sind deshalb für niederschlagsreiche Regionen nicht geeignet. Humusbilanzen sollten dort von den „oberen“ VDLUFA-Werten ausgehen (Capriel und Rippel 2004), nur dann ist die Bodenfruchtbarkeit nachhaltig zu sichern. Der Gärrest aus Biogasanlagen besteht neben wertvollen Mineralstoffen zu einem hohen Anteil aus nicht vergärbaren ligninhaltigen Pflanzenresten, die viel Dauerhumus bilden. In den vorgestellten Rechenbeispielen wird von 80% Substanzabbau ausgegangen und einer Humus-C-Wirkung von 12kg/dt TM.

Bildquelle: SAATEN-UNION
Bildquelle: SAATEN-UNION
Stickstoffzehrer entlasten die N-Bilanz
Des Weiteren ist auf eine ausgeglichene Stickstoffbilanz zu achten. Eine Ganzpflanzenbeerntung entzieht dem Boden 200-300kg N/ha. Je nach Lagerungs-, Ausbringungs- und Auswaschungsverlusten sowie Mineralisierung fließen davon über den Gärrest die Hälfte bis zwei Drittel wieder als schnellverfügbarer Stickstoffdünger in die Fruchtfolge zurück. Bei hohem Ertragsniveau sind das etwa 150-200kg N je Hektar Biomasse! Aus diesem Grund sollten in einer Biomassefruchtfolge stickstoffzehrende Marktfrüchte nicht fehlen, proteinreicher Weizen und Raps eignen sich hier sehr gut, Zuckerrüben und Kartoffeln weniger, Leguminosen gar nicht!
Wenn in den folgenden Beispielen Weizen unmittelbar auf Mais folgt, ist trotzdem kein hohes Fusariumrisiko zu befürchten. Denn anders als bei Körnermais wird in diesem Fall die gesamte Pflanze geerntet. Der vergleichsweise geringe Ernterest trägt zudem kaum Infektionsmaterial, weil Mais für die Biogasnutzung ja in einem sehr jungen Stadium geerntet wird, Fusarien als saprophytische Erreger haben sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht „breitgemacht“.

Tab. 1: Wüchsiger Standort
Tab. 1: Wüchsiger Standort
Wüchsiger Standort – 6 Ernten in 4 Jahren
Hier ist die Wasserversorgung kein Problem, auf hängigen Schlägen ist jedoch der Bodenerosion entgegenzuwirken. Mais könnte hier zweimal aufeinander folgen, einmal nach abgefrorener Phacelia, einmal nach abgespritzter Grasuntersaat. Die zweite Maiskultur wird mit einer früheren Maissorte bestellt, das verbessert die Arbeitsverteilung und begünstigt eine rechtzeitige Aussaat des Hybridroggens möglichst bis Mitte Oktober. Im Frühjahr erfolgt bis April eine Untersaat mit konkurrenzstarkem Welschem Weidelgras (+ Rotklee). Nach der Ernte des Hybridroggens zu Beginn der Teigreife Ende Juni kann sich in diesen niederschlagreichen Regionen die Untersaat optimal entwickeln und wird im Herbst geerntet und siliert. Der nun folgende Weizen sollte sehr spätsaatverträglich sein, eine rechtzeitige Rapsbestellung zulassen und gleichzeitig möglichst viel Stickstoff aus der Fruchtfolge ziehen. Hier bietet sich neben dem frühreifen B-Weizen MULAN auch Wechselweizen an, der alle drei Forderungen ideal erfüllt. Nun folgt eine spätsaatverträgliche Rapshybride, die neben ihrer sehr hohen Marktfruchtleistung ebenfalls zum notwendigen N-Export aus der Fruchtfolge beiträgt. Fünf Bodendüngungsmaßnahmen innerhalb der Fruchtfolge sorgen für eine ausgeglichene Humusbilanz nach Cross Compliance, auch die realistischere Kalkulation rechts verspricht einen stabilen Humuspegel.

Tab. 2: Trockenstandort
Tab. 2: Trockenstandort
Trockenstandorte – „Immergrün“ funktioniert nicht
Statt vier sind hier nur drei GPS-Ernten in fünf Jahren möglich (siehe Tab. 2). Der trockenresistente Hybridroggen steht zweimal in der Fruchtfolge und kann flexibel als Korn oder Ganzpflanzensilage genutzt werden. Kontinentale Trockenstandorte, zumal in Verbindung mit konservierender Bodenbearbeitung, mineralisieren vergleichsweise wenig Humus, die zweimalige Strohdüngung sorgt zusammen mit dem Gärrest für eine ausgeglichene Humusbilanz nach den hier anwendbaren unteren VDLUFA-Werten! Damit ist die Biomassenutzung jedoch auch schon ausgereizt! Schon die Abfuhr einer Strohernte innerhalb der fünfjährigen Rotation würde die Bilanz jährlich um rechnerisch 136kg Humus-C belasten und wäre damit langfristig aus pflanzenbaulicher Sicht kritisch zu werten.

Tab. 3: Zuckerrübenbetrieb
Tab. 3: Zuckerrübenbetrieb
Zuckerrübenbetrieb – 60% Humuszehrer sind zuviel
Um die Rhizoctoniaübertragung von Mais auf Zuckerrüben zu verhindern, sollte Mais nicht unmittelbar vor der Zuckerrübe stehen (siehe Tab.3). Stehen nematodenreduzierende Zwischenfrüchte in der Fruchtfolge, kann deren Aufwuchs geerntet und zusammen mit dem TS-reicheren Silomais konserviert werden.
Die Probleme dieser Fruchtfolge liegen in der Humusbilanz: Zuckerrüben haben als spätschließende Reihenkultur einen ebenso hohen Humusverzehr wie Mais, das zurückbleibende Blatt ändert daran nur wenig. Solch eine Fruchtfolge mit 60% humuszehrenden Reihenkulturen ist in niederschlagsreicheren Regionen nicht vertretbar, die Humusbilanz ist mit knapp 300kg Humus-C-Defizit eindeutig im „roten“ Bereich. Die organische Düngung über Gärresten, Gülle oder Mist zu steigern kommt nicht in Frage, weil diese Fruchtfolge sowieso lediglich einen Stickstoffexporteur aufweist, den Winterweizen.

Tab. 4: Bewertung des Humussaldo
Tab. 4: Bewertung des Humussaldo
Welche Möglichkeit gibt es, die Humusbilanz wieder ins Lot zu bringen?

  1. Der Mais wird vollständig durch Getreide-GPS ersetzt, das C-Defizit reduziert sich auf 134kg Humus-C.
  2. In etwa gleicher Größenordnung verringert sich das Humusdefizit, wenn das Rübenkontingent verpachtet und durch Weizen mit Strohdüngung ersetzt wird.
  3. Der Hybridroggen wird nicht gehäckselt, sondern gedroschen. Dank der zusätzlichen Strohdüngung sinkt das Defizit auf 194kg. Bleibt zudem der Gelbsenf als Gründüngung auf dem Acker, beträgt das Humusdefizit nur noch 134kg Humus-C.

Durch diese Maßnahmen wird die Humusbilanz zwar nicht vollständig ausgeglichen, erreicht jedoch einen Bereich, der auf humusreichen Standorten „mittelfristig tolerierbar“ ist.

Pfiffiges Rechenprogramm
Die Beispiele zeigen, dass 40% Silomais in der Fruchtfolge bei gleichzeitig hohem Getreideanteil und Strohdüngung aus Sicht der Humusbilanz problemlos möglich sind. Schwierig wird es, wenn der Anteil stark humuszehrender Kulturen von 40 auf 60% steigt, dann ist insbesondere unter humiden Klimabedingungen mit einer nachhaltigen Humusverarmung zu rechnen. Jeder Betrieb ist anders und sollte für seine Bedingungen eine konkrete Humusbilanz erstellen. Eine große Hilfe ist hierbei die excelgestützte Humusbilanzierung der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft www.lfl.bayern.de/iab/bodenschutz/12458.

Sven Böse

Stand: 01.01.2007