Auch dieses Jahr sind Hybridweizenanbauer vorsichtig optimistisch gestimmt – denn die Bestände sehen im Vergleich zum Linienweizen sehr gut entwickelt aus. Wüchsige Hybridsorten wie SU HYMALAYA bildeten bis zu 16 Triebe pro Einzelpflanze zu Vegetationsbeginn (s. Bilder 1 + 2). Ende Mai hatten die Pflanzen 4–5 sehr gleichmäßig entwickelte Triebe, mit kaum einem Unterschied zum Haupttrieb (Bild 3) – klassische Trockenschäden gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Dies hängt nicht nur mit dem extremen Wurzeltiefgang des Hybridweizens zusammen, sondern auch mit dem Anbausystem und dem ackerbaulichem Geschick.
Welche agronomischen Stellschrauben gibt es bei Hybridweizen?
Hybridweizen bringt ein ausgesprochen gutes Kompensationsvermögen mit. Daher kann die Aussaatstärke im Vergleich zu den Linien um die Hälfte reduziert werden. Folgende Aussaatstärken haben sich bewährt:
Aufgrund der verhältnismäßig geringen Bestandesdichten ist eine zeitige startbetonte Stickstoffdüngung im Frühjahr vorteilhaft. Diese kann z. B. mit Alzon® flüssig-S oder anderen stabilisierten Düngern erfolgen. Die N-Mengen für Start- und Schossergabe können hier sehr elegant zusammengelegt werden – 140 bis 160 kg N/ha inkl. Nmin. Das hat den großen Vorteil, dass der Stickstoff schon im Bodenpool gelöst ist, sollte es wie in den letzten Jahren zu einer Frühjahrs- bzw. Frühsommertrockenheit kommen. Aufgrund der politisch gewollten Einschränkung in der Stickstoffdüngung bietet sich diese Herangehensweise ohnehin an.
Die Wachstumsreglerapplikation sollte früh, nämlich zwischen BBCH 25/29, mit z. B. 0,7–1 L CCC/ha, durchgeführt werden. Dies führt zu einer Brechung der Appikaldominanz des Haupttriebes, sodass die Nebentriebe nachgezogen werden. Dadurch wird ein sehr homogener Bestand realisiert. Jedoch findet bei dieser frühen Maßnahme noch keine Einkürzung der Internodien statt, da das Schossen noch nicht eingesetzt hat. Daher ist eine Nachlage in BBCH 31/32 sinnvoll. Für Betriebe, die dies arbeitstechnisch nicht schaffen, stellt die Applikation in BBCH 30 einen guten Kompromiss zwischen Bestandsregulierung und Einkürzung dar.
Aufgrund der guten Resistenzeigenschaften der Hybridweizensorten kann häufig auf eine frühe Fungizidmaßnahme verzichtet werden. Wichtig ist jedoch die enge Bestandskontrolle! Zur Absicherung des Ertrags sollte eine Fahnenblatt- bzw. Ährenbehandlung erfolgen.
Da tendenziell alle Maßnahmen etwas früher anstehen als beim Linienweizen, werden Arbeitsspitzen entzerrt. Die Düngung kann zusammen mit dem Winterraps stattfinden, sodass diese Flächen bereits fertig sind, bevor der Linienweizen ansteht. Zudem sind Einsparungen beim Fungizideinsatz möglich.
Wie passt Hybridweizen in die Fruchtfolgen?
Hybridweizen zeigt als Stoppel- und Maisweizen oder auch nach Leguminosen seine Vorzüglichkeit gegenüber Linienweizen. Am besten jedoch scheint die Fruchtfolgestellung nach Blattfrüchten wie z. B. Winterraps, Kartoffeln und auch frühen Zuckerrüben zu sein.
Auch Praktiker wie Jobst von Reden, Betriebsleiter von zwei landwirtschaftlichen Betrieben im Landkreis Celle und Lüchow-Dannenberg, sehen das ähnlich: „Ich sehe den Hybridweizen in der Fruchtfolge nach Winterraps. Der Grund ist, dass ich mit dem Raps früh genug die Fläche geräumt habe und zur richtigen Aussaatzeit mit dem Hybridweizen starten kann. Das bedeutet für mich, die optimale Saatstärke einzusetzen und Saatgutkosten nicht in die Höhe schnellen zu lassen.
Außerdem habe ich im letzten Herbst die Erfahrung gemacht, dass der Hybridweizen nach Zuckerrüben vom Aussaatzeitpunkt nicht optimal ist, da die zeitige Rodung so zum Verlust von weiteren Massezuwächsen der Zuckerrüben führt. Dies trifft gerade zu, wenn es sich um trockene und sehr warme Sommer handelt und die Zuckerrübe versucht, im September und Anfang Oktober noch Zuwachs und Zucker zu erreichen. Das kollidiert dann mit der Aussaat vom Hybridweizen. Daher wird der Hybridweizen bei mir auf dem Betrieb in der Fruchtfolge nach Raps seinen Platz finden.“
Durch die Aufteilung der Weizenflächen auf zwei Betriebe in unterschiedlichen Regionen, befindet sich von Reden in der komfortablen Situation, seine Kulturen und Fruchtfolgen bei verschiedenen Standortbedingungen zu beobachten, hinsichtlich der Bodengüte aber auch hinsichtlich der durchschnittlichen Niederschlagsmengen. Der Landkreis Celle weist eine durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge von 550 mm auf, Lüchow-Dannenberg kommt hingegen nur auf 464 mm (2009–2019, www.weatheronline.de).
Hybridweizen kommt mit leichten Standorten besser zurecht als Linienweizen
Dieser vom Züchter oft vorgebrachte Vorteil des Hybridweizens kann von Reden nach zwei Jahren Anbauerfahrung bestätigen. „Das Hauptargument für den Anbau von Hybridweizen war und ist, dass der Hybridweizen besser mit leichten Böden und mit niedrigen Niederschlagsmengen zurechtkommen soll als Linienweizen. Das wollte ich auf meinen eigenen Flächen ausprobieren und habe in den letzten zwei Jahren Hybridweizen auf unterschiedlichen Bodenverhältnissen und in den beiden Regionen Landkreis Celle und Lüchow-Dannenberg getestet. Bis jetzt kann ich das Züchterargument bestätigen. Zudem habe ich beobachtet, dass der Hybridweizen auch auf den besseren Böden mit 40–45 Bodenpunkten gegenüber den konventionellen Sorten – ohne Beregnung – etwas ertragsstärker ist. Daher ist meine Erkenntnis, dass der Hybridweizen sehr gut in unsere Region (Lüneburger Heide) auf alle Böden passt.
Auch in diesem Jahr bin ich bisher mit den Beständen sehr zufrieden. Gerade im Landkreis Lüchow-Dannenberg auf den Flächen ohne Beregnung präsentiert sich der Hybridweizen gut. Dort steht er auf einem leichten Standort (ca. 30 BP) und einen besseren Standort (ca. 45 BP). Der Hybridweizen auf den 30 BP machte einen vitaleren Eindruck als der konventionelle Winterweizen. Aber wie die Erträge sein werden, wird der Mähdrescher zeigen!“
Ausblick
Hybridweizen spielt seine Ertragsüberlegenheit gegenüber Linienweizen besonders auf schwierigen Standorten und bei knappen Niederschlägen aus. Da er den vorhandenen Stickstoff effizienter in Ertrag umsetzt, passt er gut in eine Agrarwelt mit gedeckelter Stickstoffdüngung. In Zukunft werden wir mit weniger Pflanzenschutzmittelwirkstoffen auskommen und unsere Fruchtfolgen erweitern müssen: Auch unter diesen Aspekten stellt Hybridweizen aufgrund seiner Resistenzeigenschaften und seiner Vorfruchtflexibilität eine gute Alternative zu Linienweizen dar.
Vielen wird immer klarer: In Zukunft zählt neben der Ertragsleistung vor allem die Ertragssicherheit – letztere umso mehr, desto häufiger wir uns über das „verrückte“ Wetter beklagen. Denn „verrückt” ist das neue „normal”.