Soja als die weltweit bedeutendste Ölpflanze mit einem Anteil an der gesamten Ölsaatenerzeugung von über 50 % gewinnt auch in Deutschland immer mehr an Anbaubedeutung. Die größte EU-Sojaanbaufläche befindet sich nach wie vor in Italien. In Deutschland stieg in den letzten Jahren die Beliebtheit der Sojabohne kontinuierlich, sodass ein Produktionszuwachs um 27 % zu verzeichnen ist (Bezug Jahr 2021).
Zunächst sah 2022 sehr gut aus!
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Im Juni noch war allenthalben von „dem Sojajahr“ zu lesen und es wurden Erträge von mehr als 3 Tonnen/Hektar prognostiziert. Zu dieser Zeit präsentierten sich die Bestände meist gut entwickelt (Abb. 1). Diese Erträge wurden final jedoch in vielen Regionen bei weitem nicht erreicht. Um vollständig nachvollziehen zu können, wie es zu dieser enttäuschenden Ertragsentwicklung kommen konnte, lohnt es sich, einen Blick auf Wetterdaten in der Sojavegetationszeit werfen (Tab. 1).
Schlechte Erfahrungen des vergangenen Jahres haben gelehrt, dass eine nicht optimale Aussaat (von dem Zeitpunkt sowie den Wetter-Boden-Bedingungen) zu großen Ertragseinbußen führen kann. Dieses Jahr haben wir Glück gehabt, sodass Soja meist unter günstigen Bedingungen gedrillt werden konnte und es kaum Auflaufprobleme gegeben hat. Der Feldaufgang war gleichmäßig und beinah lückenfrei (Abb. 2).
Diese warmen und feuchten Bedingungen in April haben den raschen und einheitlichen Feldaufgang garantiert und damit den Grundstein für die guten Ernteprognosen gelegt.
Regional Extremwetterereignisse in Süddeutschland
Diese vorteilhafte Ausgangsposition wurde in einigen süddeutschen Anbaugebieten 7–8 Wochen nach der Saat durch eine außergewöhnlich starke Gewitterfront mit Regenfällen und Hagel nivelliert. Viele Sojabestände erlitten bis zu 100 % Hagelschaden (Abb. 3a-b).
Dabei wurden die Pflanzen teilweise bis auf kurzen Stängel über dem Boden abgeschlagen. Die Sojabohne hat ein unglaubliches Kompensationsvermögen, sodass sich viele Bestände mit einer Verzögerung bis zu 3–4 Wochen regenerieren konnten.
Doch einige Regionen waren doppelt gestraft, denn zu den Hagelschäden gesellten sich später noch Fraßschäden durch Distelfalter (Vanessa cardui) (Abb. 4). Dieser Schädling ist in Deutschland nicht heimisch, aber alle 3–5 Jahre findet er aus Afrika und der Mittelmeerregion den Weg zu uns. Die Raupen der ersten Generation wandern vom Feldrand ein und treten dann nesterweise im Bestand auf. Dieses Insekt ist mit Pflanzenschutzmitteln chemischer und auch biologischer Herkunft einfach in Schach zu halten. Als Schadschwelle gelten ca. 20 Raupen je laufenden Meter oder ein bis zwei Befallsherde pro 100 m².
Heißer August machte alle Hoffnungen zunichte
Trotz des biotischen und abiotischen Stresses waren die Bestände Anfang des Sommers oft so entwickelt, dass die Ertragsprognosen bis zum Juli zumindest noch durchschnittlich ausfielen. Doch mit dem August kam die finale Ernüchterung. Diese außergewöhnlich langanhaltende extrem heiß-trockene Witterung im August war maximal ungünstig für Sojabohnen (Abb. 5).
Abweichung von Normalwerten (1971–2000) im August 2022: Lufttemperatur | Abweichung von Normalwerten (1971–2000) im August 2022: Niederschlag |
Die Hitze in Kombination mit Trockenheit zur Zeit der Kornbildung und -füllung bis in die Abreife hinein schädigte die Pflanzen extrem: Bei absolutem Wassermangel und hohen Tages- und Nachttemperaturen vertrockneten die Pflanzen rasch. Es bot sich auf vielen Feldern ein schauriger Anblick (Abb. 6 a–c). Die Pflanzen bildeten unter diesen Bedingungen nur die Hülsen. Oft wurden entweder gar keine Körner gebildet oder die paar angelegten Körner – meist an den untersten Internodien – konnten nicht wachsen und sind schrumpelig geblieben. In manchen Regionen wurde eine immense Reifeverzögerung Stroh zu Korn (Hülse) beobachtet, was die Beerntung enorm erschwert und immer Ertragseinbußen verursacht. Denn die grünen Pflanzenteile lassen keine optimale Drescheinstellungen der Mähdrescher zu, sie bleiben im Dreschkorb hängen und führen oft zu Verstopfungen. Die Körner sind zudem zu trocken und können sehr leicht gebrochen werden.
Die sehr hohen Lufttemperaturen verursachten auf einigen Sojaflächen Hülsenplatzen und darauffolgenden Kornausfall. Es gibt Unterschiede zwischen den Sorten, die allerdings nicht jedes Jahr zu beobachten sind. Manche platzen früher (z. B. Merlin), andere fast gar nicht (z. B. Sussex, Yakari). Das Hülsenplatzen wird durch genetische Komponenten aber selbstverständlich auch durch die Umwelt bestimmt. Sorten, die zum Hülsenplatzen neigen, platzen dann auf, wenn sie zur Abreife zu schnell abtrocknen. Dies passierte während der Hitzetage. Die Hülsen verlieren schnell Wasser, der Turgordruck der Zellen sinkt ab und die Hülsen öffnen sich, obwohl die unreifen Bohnen noch einen hohen Feuchtegehalt haben.
All die beschriebenen Folgen führten nicht nur zu erheblichen Ertragsverlusten, auch die Qualität hat gelitten: niedrige TKM, Kornbruch und oft eine grüne Schalenfarbe.
Wird die in Deutschland produzierte Sojamenge wirklich steigen?
Anfang des Sommers wurde eine Produktionsmengensteigerung von fast 30 % prognostiziert. Bei Redaktionsschluss lagen noch keine abschließenden Zahlen zur Erntemenge vor, aber die 30 % dürfen angezweifelt werden. Hinzu kommt ein ausgesprochen unruhiger Weltmarkt: Der Preis für Soja ändert sich ständig und lag in der ersten Septemberhälfte zwischen 538 €/t und 557 €/t. Im Vergleich mit der Dotierung Anfang des Jahres (knapp über 700 €/t) ist dies ein Preisfall von ca. 22 % (Quelle: www.proplanta.de). Die wesentlichen Gründe hierfür dürften sein: eine unterdurchschnittliche Sojaernte in USA sowie Brasilien einerseits und der Krieg in der Ukraine andererseits, der zu enormer Unsicherheit und steigenden Kosten für Energie und Transport geführt hat.
Nichtsdestotrotz bleibt Soja als wichtigste Ölfrucht und Eiweißlieferant hoch im Kurs, sodass der Preis in Deutschland bis Ende des Jahres nicht unter 50 €/dt fallen wird. Die Frage, ob wieder weit über 60 €/dt erreicht werden, können wir dann vermutlich zu Weihnachten beantworten.
Fotos: SAATEN-UNION
Abbildungsfotos: Abb. 1 + 2 + 4 + 6 + 7 Sobko, Abb. 3 Priglmeier, Abb. 5 www.dwd.de/DE/klimaumwelt/klimaatlas/klimaatlas_node.htmlç