Warum ist eine Aufbereitung der Sojabohnen notwendig?
In den rohen Vollfettsojabohnen verhindern sogenannte antinutritive Faktoren (ANF) den direkten Einsatz als Rationskomponente bei Monogastriern. So verschlechtern zum Beispiel Trypsininhibitoren, Lectine, Saponine und Phytinsäure den Futterwert deutlich, da sie insbesondere bei Monogastriern die Verwertbarkeit einiger Nährstoffe vermindern oder gar die Gesundheit des Nutztieres schädigen können (Künz et al., 2022; Hoffmann et al., 2019; Clarke & Wiseman 2005). Bei der Verfütterung von rohen Sojabohnen an Schwein oder Geflügel können die sogenannten Trypsininhibitoren die Verdaulichkeit des Sojaproteins um mehr als 70 % vermindern (Künz et al., 2022; Lindermayer et al., 2010).
Die wichtigsten antinutritiven Inhaltsstoffe, die Trypsininhibitoren und Lectine, sind hitzelabil. Das bedeutet, dass bei entsprechender Hitzebehandlung diese Inhaltsstoffe inaktiviert werden können und dadurch die Sojafuttermittel besser verdaulich werden. Sie müssen also vor der Verfütterung an monogastrische Tiere in entsprechenden Anlagen aufbereitet werden.
Parameter für die Sojaaufbereitung
Einerseits gilt es, Trypsininhibitoren wirkungsvoll zu reduzieren, andererseits müssen wertgebende Inhaltsstoffe erhalten bleiben, insbesondere essenzielle Aminosäuren. Bei zu starken Erhitzungen können ungewünschte Nebenreaktionen (sog. Maillard-Reaktionen) auftreten, die sich negativ auf die Verdaulichkeit und auf die Verfügbarkeit von essenziellen Aminosäuren (Cystein, Argenin und Lysin) auswirken können. Araba & Dale (1990) fanden heraus, dass auch eine Überhitzung von Sojabohnen bis zu einer Halbierung der Tageszunahmen bei Broilern in den ersten 18 Tagen führen kann. In den Untersuchungen von Hoffmann et al., (2019) war die Auswirkung einer Eiweißschädigung durch zu hohe Temperaturen eher zweitrangig. Wichtiger für die Futteraufnahme und -verwertung war jedoch die Reduktion der Trypsininhibitoren.
Es gibt unterschiedliche Verfahren zur Überprüfung auf Schäden durch Überhitzung. In jedem Fall sollte man Sojafuttermittel neben den wertgebenden Inhaltsstoffen zusätzlich auf Hitzeschädigung analysieren lassen. In Tab. 1 sind gängige Verfahren sowie das neue, auf NIR-Technik basierende AMINORED-Verfahren der Firma Evonik, ihre Zuverlässigkeit bei Über- bzw. Unterbehandlung und die Zielparameter aufgelistet.
Aufbereitungsverfahren
Oft wird mit dem Aufbereitungsverfahren auch ein sogenanntes „Full-Fat-Soy“ produziert, bei dem die ganze Rohbohne verwendet wird. Dieses kann für gewisse Futtermittelmischungen eingesetzt werden. Je nach Verfahren sind die Bohnen noch komplett erhalten oder geschrotet. Bei dem geschroteten Produkt ist zu beachten, dass die Haltbarkeit sich auf rund zwei Monate verkürzt. Entscheidend bei der Hitzebehandlung ist, ob sie mit feuchter oder trockener Hitze durchgeführt wird. Bei der Aufbereitung mit feuchter Hitze werden die Proteine weniger stark denaturiert und die Aminosäuren sind verdaulicher (Carré, 2020).
Zu den thermischen Aufbereitungsverfahren, die mit reiner Hitzeeinwirkung arbeiten, gehören die folgenden (siehe Tab. 2):
- Rösten, Heißluftbehandlung und Infrarotbehandlung
- Behandlung ohne Druck und ggf. Zugabe von Wasser
- Hydrothermische Aufbereitungsverfahren
- Anwendung von feuchter Hitze mit Autoklaven und Hydroreaktoren: dadurch werden die hochwertigen Proteine weniger stark geschädigt und die Bohnen werden gleichmäßiger behandelt.
- Mechanische und druckthermische Verfahren
- Anwendung von Extruder und Expander: kurze Anwendung von Kombination von Temperatur, Reibung und Druck, wodurch wertvolle Inhaltsstoffe weitestgehend erhalten bleiben.
Bei der thermischen Aufbereitung mit einem Dantoaster werden die Sojabohnen vor dem Einbringen in die Trommel angefeuchtet und dann je nach Verfahrenstyp in der direkten Flamme oder indirekt (Abb. 1) mit Infrarotstrahlung nach dem „High-Temperature-Short-Time-(HTST-)Prinzip“ geröstet. In der leicht schräg zur Horizontalen geneigten Trommel werden die Sojabohnen mittels fächerartige Schaufeln durch die Trommeldrehung kontinuierlich nach oben befördert und fallen über den gesamten Trommelquerschnitt aufgefächert wie ein Schleier zurück auf den Trommelboden; hierbei passieren sie die Hitzequelle. Die Behandlung erfolgt also sowohl durch die Infrarot-Strahlung als auch durch die Wärme des Abgasstromes, der ebenfalls durch die Trommel geleitet wird. Im Anschluss erfolgt z. B. eine Kühlung mit Außenluft auf Außentemperatur mittels Dächerfachkühler und ggf. eine Wiederbefeuchtung. Bei der hydrothermischen Aufbereitung (Abb. 2 links) werden die ganzen Rohbohnen in einem kontinuierlichen Durchlaufverfahren zunächst in einem Runddämpfer mittels Düsenrührwerk mit Wasserdampf vermischt (Abb. 2 Mitte).
Anschließend verbleiben die Bohnen über rund 40 Minuten in einem isolierten Dämpfbehälter, in dem der Wasserdampf weiter in die Bohnen einkocht. Dabei kommt es zu einer signifikanten Inaktivierung der hitzelabilen antinutritiven Substanzen. Aus dem Dämpfbehälter gelangen die Bohnen direkt in den 1 m breiten Walzstuhl, der sie flockiert, bevor sie im Wirbelschichttrockner schonend getrocknet und abgekühlt werden. Bei der Extraktion, bei der aber einige Zusatzschritte vorhanden sind, wird die hydrothermische Aufbereitung gleichzeitig zur Rückgewinnung des Lösungsmittels Hexan genutzt.
Bei der druckthermischen Aufbereitung werden die Sojabohnen in einem kontinuierlichen Durchlaufverfahren mit Dampf, Feuchtigkeit, Temperatur und Druck behandelt (Abb. 2 rechts). Zunächst werden die Bohnen geschrotet und dann in einem Konditionierer mit Wasser und Wasserdampf für rund 30 Sekunden vorbehandelt, wodurch eine Erhitzung auf maximal 95 °C erfolgt. Anschließend gelangt das vorbehandelte Material in den hydrothermischen Reaktor, in dem es für ca. 10 Minuten mit Wasserdampf unter leichtem Druck gekocht wird. Danach gelangt das Material in einen Expander, bestehend aus einem dickwandigen Mischrohr mit auswechselbaren Verschleißeinsätzen und einer einseitig gelagerten Welle, die mit Dosier-, Misch- und Knetelementen (Stoppschrauben) versehen ist. Der maximale Druck beträgt ca. 50 bar, wobei am Auslauf der Druck spontan abfällt und es somit zur „Expansion“ des Materials kommt. Hierbei verdampft ein Teil des zugeführten Wassers (Flash Verdampfung). Der Expander arbeitet nach dem HTST (High-Temperature-Short-Time) Prinzip. Der Vorteil besteht darin, dass die sehr kurze Behandlung bei einer relativ hohen Temperatur wertvolle Bestandteile des Futtermittels wie Vitamine weitgehend unversehrt lässt. Die Zellstruktur des zu behandelnden Futtermittels wird aber durch die Kombination von Temperatur, Druck und Reibung intensiv bearbeitet, wodurch es zu einer besseren Eiweiß- und Ölverfügbarkeit kommt.
Warum sollten Sojabohnen entölt werden?
Für die Fütterung von heimischen Sojaprodukten vor allem an Schweine ist eine Entölung unbedingt erforderlich, da bei den hohen Ausgangsölgehalten der vollfetten Sojabohne Leistungs- und Qualitätseinbußen nicht zu vermeiden sind (Lindermayer et al., 2010). Der hohe Polyenfettsäurenanteil im Fett der Sojabohne verursacht bei der Verfütterung an Mastschweine eine stärkere Verfettung. Mit Vollfett-Sojabohnen gefütterte Schweine setzen eine signifikant stärkere und weichere Speckschicht an, die sich für die weitere Verarbeitung zu verschiedenen Wurstspezialitäten nicht eignet.
Weltweit am meisten verbreitet ist das Extraktionsverfahren, das in großtechnischen Anlagen durchgeführt wird. Hierbei wird den Sojabohnen das meiste Öl entzogen. Öl ist das teuerste Futtermittel, da es zu einem Großteil für die Herstellung von Biodiesel verwendet wird. Da dieses Verfahren aufgrund des eingesetzten Extraktionsmittels für Biosoja nicht zugelassen ist, werden biologisch produzierte Sojabohnen mechanisch und unter Hitzeeinwirkung gepresst, wodurch ein für die Futtermittelindustrie sehr wertvoller Presskuchen entsteht.
Manche Firmen bieten auch eine alleinige Extrusion mit anschließender direkter Entölung an. Hierbei werden die Sojabohnen teilweise mit der Abwärme aus der Aufbereitung vor dem Prozess auf 100 °C vorgewärmt, trocken extrudiert und anschließend direkt auf einer Ölpresse entölt. Dieser Prozess ist sehr kompakt und erzielt im Vergleich mit die besten Ölausbeuten. Allerdings ist die Reduzierung der Trypsininhibitoren bei nicht optimaler Einstellung unzureichend.
Das Sojaöl wird nach Möglichkeit im Lebensmittelbereich zur Herstellung von Salat- und Kochöl sowie Brat- und Backfett gebraucht, aber auch als Energiezusatz in Futtermitteln. Das Sojalecithin, ein Nebenprodukt der Ölherstellung, wird in vielen Lebensmitteln als Emulgator eingesetzt. Sojaöl ist reich an Linolsäure. Es oxidiert schnell und ist schlecht konservierbar. Daher wird ein großer Teil des Sojaöls zu Margarine verarbeitet. Sojaöl ist wichtiger Bestandteil der asiatischen Küche, gehört aber in Europa nicht zu den bevorzugten Ölen.
Perspektiven für den Sojaanbau
Der Anbau von Sojabohnen in Deutschland trägt dazu bei, GVO-Freiheit und echte Regionalität auch im Eiweißfutterbereich herzustellen. Abnehmende Veredelungsbetriebe sollten sich mit Regionalmarken einen Mehrerlös am Markt erwirtschaften und an die Anbauenden weitergeben, damit langfristig die Anreize für den Sojaanbau erhalten bleiben. Hohe Düngemittelpreise und gute Absatzmöglichkeiten geben einen zusätzlichen Anreiz, in den Anbau einzusteigen. Je mehr Sojabohnen regional erzeugt werden, desto geringer wird der notwendige Anteil an Importsoja. Sowohl die Anzahl an dezentralen Aufbereitungsmöglichkeiten als auch große Verarbeitungsanlagen sorgen dafür, dass die in Deutschland angebauten Sojabohnen hier verarbeitet und verwertet werden können.
Quellen:
- Bellof, G., 2012: Heimische Sojaprodukte in der Fütterung Landwirtschaftlicher Nutztiere. Bernet, T., Recknagel, J., Asam L., Messmer M., 2016: Biosoja aus Europa.
- Clarke, E. & J. Wiseman, 2005: Effects of variability in trypsin inhibitor content of soya bean meals on true and apparent ileal digestibility of amino acids and pancreas size in broiler chicks. Animal Feed Science and Technology 121 (1–2), 125–138.
- Lindermayer, H., G. Probstmeier und G. Preissinger, 2010: Versuchsbericht S18 – Ferkelfütterung mit heimischen Sojaprodukten – 20/15 % Sojakuchen – extrudiert, 27/10 % Vollfettsojabohnen – geröstet.
- www.lfl.bayern.de/mam/cms07/ite/dateien/26062_bericht_3.pdf
- Patrick Carré, 2020: Transformation du soja à la ferme – Technolgies disponibles
- Hoffmann, D., Thurner, S., Ankerst, D., Damme, K., Windisch, W. and D. Brugger, 2019: Varying soy cake quality affects broiler performance – Chickens’ growth performance and pancreas development exposed to soy cake varying in trypsin inhibitor activity, heat degraded lysine concentration and protein solubility in potassium hydroxide.
- Poultry Science Vol. 98, Issue 6, 2489–2499: https://doi.org/10.3382/ps/pey592
- Kuenz, S., Thurner, S., Hoffmann, D., Kraft, K., Wiltafsky-Martin, M., Damme, K., Windisch, W. and D. Brugger, 2022: Effects of gradual differences in trypsin inhibitor activity on the estimation of digestible amino acids in soybean expellers for broiler chickens.
- Poultry Science 101:101740, https://doi.org/10.1016/j.psj.2022.101740
Text: Ludwig Asam, Landwirt aus Kissing
l.asam@asamhof-kissing.de
Bilder: Asam, Landpixel