Wintergerstensorten werden z. B. als BaMMV-, BaYMV-1-, BaYMV-2-, BYDV-resistent beschrieben oder – gerne auch werblich – als doppelresistent bis multiresistent.
Die Fußnoten in der Beschreibenden Sortenliste zu den Ergänzungen in der Spalte „Gelbmosaikvirus“ müssen ebenfalls gut gelesen werden, weil sie auf verschiedene Resistenzkombinationen eingehen.
Grundsätzlich muss zwischen folgenden zwei Krankheiten unterschieden werden: Die durch den bodenbürtigen Parasit Polymyxa graminis übertragenen Mosaikviren BaMMV (Barley Mild Mosaic Virus), BaYMV (Barley Yellow Mosaic Virus)] und den von Blattläusen übertragenen Gerstengelbverzwergungsviren (BYDV).
Bodenbürtige Mosaik-Viren
Die bodenbürtigen Mosaikviren BaMMV und BaYMV-1 wurden bereits 1978 in Deutschland nachgewiesen. Innerhalb der Wintergerstenanbauregionen in Deutschland verbreiteten sie sich schnell, besonders in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Züchterisch gab es durch die Rym4-Resistenz eine schnelle Anpassung, sodass fast alle seitdem zugelassenen Sorten resistent gegen diese Erreger sind. Diese Resistenz kennzeichnet das Bundessortenamt mit der Note 1 (z. B. RGT Mela, SU Jule), nicht resistente Sorten mit der Note 9 (z. B. Fascination). Jedoch konnte bereits 1988 ein Resistenzbruch festgestellt werden. Der neue Erreger BaYMV-2 breitet sich seitdem auf den bereits durch die anderen beiden Erreger infizierten Flachen aus. Verschiedene Zuchthäuser haben Erhebungen zu dem Virusvorkommen durchgeführt. Die letzte aus den Jahren 2009/2010 zeigte, dass dieser sich bereits auf alle wichtigen Anbauregionen verbreitet hat. Eine Reduktion der Erreger durch geringe Anbauhäufigkeit funktioniert kaum, da die Dauersporen über mehr als 20 Jahre ihre Infektiosität bewahren können.
Der Befall von Gelbmosaikviren zeichnet sich durch im Frühjahr vergilbte Pflanzen aus. Dabei breitet sich der Befall innerhalb der Flache von außen nach innen entlang der Bodenbearbeitungsrichtung aus, bis die gesamte Fläche befallen ist. Lang anhaltende Feuchte und schlechte Bodenstruktur erhöht das Infektionsrisiko.
Befallene Pflanzen können in der Entwicklung zurückbleiben. Allerdings scheint BaYMV-2 in der Virulenz schwacher als BaYMV-1 zu sein. Da sich die Symptome im Frühjahr schnell verwachsen und oft zur Ernte nicht mehr sichtbar sind, wird die Ertragsreduktion häufig auf andere im Laufe des Jahres auftretende Stressfaktoren geschoben. Wie stark jedoch der eines BaYMV-2 Befalls sein kann, zeigten die LSV 2022 in Schleswig-Holstein (s. Abb. 1). Aufgrund der sehr weiten Verbreitung von BaMMV und BaYMV-1 haben die meisten aktuellen Sorten eine Resistenz gegen diese Erreger, viele der Neuzulassungen haben ebenfalls eine Resistenz gegen BaYMV-2. Der Anbau von Sorten ohne diese Resistenz ist heute nicht mehr sinnvoll. In der Werbung werden dabei Sorten, welche gegen BaYMV-1 & -2 resistent sind, häufig als doppelresistent benannt – unabhängig davon, ob die Sorten eine BaMMV-Resistenz haben oder nicht. In der Beschreibenden Sortenliste werden diese mit den Noten 1+ (inkl. BaMMV-Resistenz wie z. B. SU Midnight, KWS Memphis) oder 1* (ohne BaMMV-Resistenz wie SU Hetti) gekennzeichnet.
Durch Läuse übertragene Gerstengelbverzwergungsviren
Das Gerstengelbverzwergungsvirus (BYDV) wird im Herbst durch Blattläuse übertragen. Somit ist im Gegensatz zu den bodenbürtigen Erregern das Risiko des Befalls in jedem Jahr abhängig vom Auftreten des Vektors und dessen Virusbeladung. Dies zeigen auch die unterschiedlichen Monitorings. Wahrend der Befall in den letzten Jahren geringer war, gab es in den Jahren 2021 und insbesondere 2016 einen erhöhten Befall. Auch in diesem Frühjahr scheint bundesweit eine erhöhte Befallssymptomatik aufzutreten. Der Befall zeigt sich meist im Frühjahr durch gelbe Nester, die im Zugflugbereichs des Vektors häufiger auftreten. Die Pflanzen bleiben das gesamte Jahr verzwergt und es kann zum Totalausfall kommen. Eine Bekämpfung des Vektors durch Insektizide wird durch die sinkende die Auswahl an Wirkstoffen und Wirkstoffresistenzen erschwert. Langfristig ist die Sortenwahl somit der entscheidende Faktor. Bislang sind die resistenten Sorten in der Beschreibenden Sortenliste und im deutschen Markt zwar noch in der Minderheit, aber ihre Zahl steigt stetig und sie werden immer leistungsfähiger. In der Beschreibenden Sortenliste werden diese Sorten momentan mit einer hochgestellten 2) und Fußnote gekennzeichnet. Im Jahr 2023 wurden zwei Sorten mit Resistenz zugelassen: SU Virtuosa und Integral. Von Multiresistenz spricht man, wenn Sorten gegen BYDV und alle Bodenmosaikviren resistent sind (z. B. Amaranta).
Begriffe oder Ergänzungen zur Resistenz bei der Beschreibung von Wintergerstensorten gilt es also genau zu lesen und zu bewerten. Oft gibt nur die Fußnote Aufschluss über die genaue Resistenzausstattung der Sorte. ■