3jährige Versuchsergebnisse
Auf dem Zuchtbetrieb der Norddeutschen Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG in Hohenlieth (Schleswig-Holstein) wurden in mittlerweile drei Jahren Erfahrungen mit dem Anbau von Wintererbsen gesammelt. Die Versuchsanstellung umfasste jeweils eine Versuchsserie mit 5 bis 15 Zuchtlinien plus einige Standardsorten, die mit jeweils 3 bzw. 4 Wiederholungen in Mähdruschparzellen angebaut wurden. Die Saatstärke lag bei 80 keimfähigen Samen pro Quadratmeter, die Aussaat erfolgte jeweils Ende September (s. Tab. 1). 2009/10 stand der gleiche Versuch an einem zweiten Standort in Grünseiboldsdorf (bei Freising in Bayern).
Dem Versuch lag folgende Fragestellung zu Grunde:
1. Ist die Winterfestigkeit dieser Formen ausreichend?
2. Wie verhalten sich Abreife und Kornerträge im Vergleich zu Sommererbsen?
3. Welche vorläufigen Empfehlungen können für einen Anbau abgeleitet werden?
1. Winterhärte im Test
Die Erbsen gingen je nach Witterung mit einer Sprosslänge von 5–10 cm in den Winter. Als Maß für die Überwinterung wurde der Stand vor und nach Winter bonitiert. In Tab. 2 sind die Noten mit ihrer Bandbreite nach Winter dargestellt, da die Noten vor Winter i.d.R. nur sehr geringe Variation zeigten. Es wird deutlich, dass durchaus eine Spreizung der Werte vorliegt. Allerdings hatte in jedem Jahr eine Reihe von Kandidaten den Winter ohne größere Schäden überstanden (Boniturklassen 7–9). In Grünseiboldsdorf lagen die Noten im Frühjahr 2010 zwischen 4 bis 6 (nicht tabellarisch dargestellt), aber auch dort zeigten die besseren Genotypen eine ausreichende Bestandesdichte nach dem Winter.
2. Vergleich zu Sommerkörnererbsen
Wintererbsen reiften mindestens 2 bis 3 Wochen früher als die Sommerformen (s. Tab. 3). Der Erntetermin fiel damit mit dem Termin für die Wintergerste zusammen bzw. lag wenige Tage später.
Weiterhin sind die Erträge für die Spannbreite innerhalb des Wintererbsenversuchs sowie eines jeweils auf demselben Feld stehenden vergleichbaren Sommererbsenversuchs dargestellt. Wintererbsen konnten in 2 von 3 Jahren bemerkenswert hohe Kornerträge realisieren (vgl. Tab. 4), die jeweils z.T. deutlich über denen der Sommerformen lagen.
Die Ursache der höheren Erträge der Sommererbsen 2008 liegt z.T. im stärkeren Lager der Wintererbsen. Zum anderen hat der Zuchtfortschritt in den letzten Jahren bei den Wintererbsen zu einer Stabilisierung der Erträge beigetragen. Um eine generelle Aussage zum Unterschied des Leistungsvermögens von Sommer- und Winterformen machen zu können, bedarf es allerdings einer erheblich breiteren Datenbasis.
Die Ertragsleistungen in dem Versuch in Grünseiboldsdorf 2010 konnten nicht ausgewertet werden: Aufgrund des extrem feuchten Sommers 2010 war der Pilzbefall zur Ernte hin zu stark. Während des Winters werden winterannuelle Pflanzen regelmäßig mit Pilzen besiedelt, die sich dann bei andauernd feuchtem Wetter im Frühjahr und Frühsommer massiv weiter entwickeln können. Dies war auch in Grünseiboldsdorf der Fall. Die Versuchsanstellung sah weder in den Versuchsreihen in Schleswig-Holstein noch in denen in Bayern Fungizidmaßnahmen vor. Der starke Pilzbefall mit Mycoshaerella pinodes und Botrytis cinerea 2010 in Bayern zeigt aber deutlich, dass eine Behandlung bei starkem Ausgangsbefall zu Beginn des Frühjahrs ein wichtiger Bestandteil der Produktionstechnik sein sollte.
Ebenfalls in Tab. 3 ist die Höhe der Bestände unmittelbar vor der Ernte in cm angegeben. Hieraus ist unmittelbar die Mähdruscheignung abzuleiten: Je höher der Bestand zur Ernte, desto einfacher seine Beerntung. Auch in diesem Parameter erreichen einige Genotypen der Wintererbsen ein gutes Niveau, auch wenn die Werte für die Sommerformen z.T. noch höher liegen.
3. Anbauempfehlungen
Die gewonnenen Erfahrungen erlauben es, ein vorläufiges Anbautelegramm zu erstellen.
Aussaat: | Ab Mitte September bis Ende Oktober |
Aussaatstärke: | 80 kf. Samen/qm |
Beizung: | empfohlen, gegen samen-und bodenbürtige Pilze (Ascochyta sp, Pythium, Rhizoctonia) |
Pflanzenschutz: | Vorauflaufherbizide, z.B. Stomp, Bandur, Centium Wirkung i.d.R. sehr gut |
Fungizidapplikation zu Blühbeginn: | sehr empfehlenswert |
Blüte: | Ende April/Anfang Mais wie Winterraps |
Reife: | Anfang Juni – wie Wintergerste |
Drusch: | muss termingerecht erfolgen |
Fazit:
Am 12. November war in der Fachzeitschrift agrarzeitung zu lesen: „Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMELV) arbeitet an Maßnahmen, den heimischen Anbau von Eiweißpflanzen zu steigern. Eiweißfuttermittel sollen wieder mehr aus Deutschland kommen. „Deutschland muss seine Versorgung mit eiweißhaltigen Futtermitteln verbessern“, sagte der Staatssekretär des BMELV, Robert Kloos, heute bei der Auftaktveranstaltung der Deutschen Agrarforschungsallianz (Dafa) in Berlin.“
Heimische Eiweißpflanzen könnten also für viele Betriebe wieder interessant werden. Wenn einzelbetrieblich der Anbau von Erbsen auf dem Prüfstand steht, dann sollten auch Winterformen mit berücksichtigt werden. Denn Wintererbsen sind definitiv aus dem Stadium eines rein experimentellen Ansatzes heraus. Durch Züchtungsarbeit der letzten Jahrzehnte stehen jetzt Sorten zur Verfügung, die sowohl eine hohe Winterhärte als auch gute agronomische Eigenschaften besitzen.
Diese in Frankreich gezüchteten Wintererbsensorten haben ihre Bewährungsprobe auch im deutschen Winter bestanden.Wintererbsen stellen besonders auf sommertrockenen Standorten eine echte Alternative zur Sommerform dar, da sie die Winterfeuchte effizienter
nutzen und deutlich früher in das Frühjahr starten.
Sie räumen das Feld erheblich früher als Sommererbsen, was zudem Freiräume für Bodenbearbeitung, Zwischen- oder ggf. Zweitfrüchte schafft.
Die aktuelle Sorte aus dieser Selektionsarbeit ist die Sorte James, welche auch bereits in unserem Zuchtbetrieb auf zwei Flächen erfolgreich während des Winters 2009/10 vermehrt worden ist.
Dr. Olaf Sass