Der erste Teil zu dieser Serie „Bestimmt der Sortentyp den Strohertrag?“ (praxisnah 4/2009) beschäftigte sich mit den erzielten Kornerträgen in Relation zum geernteten Stroh. Der hier vorliegende zweite Teil basiert auf einem Großparzellenversuch von CLAAS, SAATEN-UNION und Bayer CropScience und zeigt die Relation der Kornerträge zu den Nicht-Kornbestandteilen: das verpressbare Stroh und die auf dem Feld verbleibenden Erntereste (Kurzstroh + Spreu).
Versuchsdesign:
•15 ha Großparzellenversuch
•6 Winterweizensorten + 1 Triticale
•2 Fungizidvarianten:
Reduziert = Einmalbehandlung BBCH 37-51 mit Fandango Input perfekt
Optimal = 3 Fungizidbehandlungen BBCH 31-37 Input Talius, BBCH 49-61 Fandango Input perfekt, BBCH 61-67 Prosaro
•Aussaat: 14.10.08
•2 Erntetermine: 6.8.09 und 15.8.09
•2 Wiederholungen jeder Variante
•4 Druschgeschwindigkeiten, 2,5–4,5 km/h
•Drusch mit CLAAS Lexion 570 Hybridmähdrescher
•Gemessen:
Kornertrag mit Wiegewagen,
Strohertrag mit Rundballenpresse Claas Variant 365,
Kurzstroh + Spreu mit Staubsauger und Reinigungseinheit,
Stoppelmasse (ohne und mit Wurzel exemplarisch).
Der Fokus lag auf der Menge der Erntereste, die bei den verschiedenen Varianten und Ernteterminen auf dem Feld verblieben. Diese Restmenge (Spreu Nicht-Kornbestandteile) trägt zur Humusbildung bei und ist daher für den Praktiker besonders relevant.
Strohertrag und Erntereste
Die verpresste Strohmenge war beim zweiten Erntetermin durchweg höher als beim ersten Erntetermin (Abb. 1).
Ausschlaggebend für diesen höheren Strohertrag waren die 2mm Niederschlag, die vor dem zweiten Termin gefallen sind. Dadurch hatte das Stroh einen deutlich höheren Feuchtegehalt, wurde elastischer und hat den Druschprozess besser überstanden. Die Rotoren im Mähdrescher produzierten weniger Kurzstroh, die nachfolgende Rundballenpresse konnte mehr Stroh aufnehmen und es blieben weniger Erntereste auf dem Feld zurück (siehe Abb.2)
Zwischen den Sorten konnten signifikante Unterschiede in der Strohbildung festgestellt werden. Die Hybridsorte Hymack bildete bei nahezu gleichem Kornertrag rund 1,5t/ha mehr Stroh aus, als die Sorte Mulan. Nur etwa ein Drittel des Gesamtstrohertrages (inkl. der herausziehbaren Wurzeln) wurde durch das Pressen der Ballen erfasst. Der Rest verblieb auf dem Feld und kann zur Humusbildung beitragen. Bisher ist diese Größe bei der für die Cross Compliance-Anforderungen zu erstellenden Humusbilanz pauschal mit eingerechnet, so dass eine Anrechnung der tatsächlichen Mengen im Rahmen der Bilanz nicht möglich ist. Im Zuge der Untersuchung wurde aber deutlich, dass die Menge der auf dem Feld verbleibenden Erntereste neben der Sorte auch durch die Witterung stark beeinflusst werden kann. So wurden durch die feuchtigkeitsbedingt höhere Elastizität des Strohs beim zweiten Erntetermin bei der Sorte Hymack rund 0,7t/ha, bei Mulan 1,1t/ha mehr an Stroh erfasst. Diese Unterschiede erklären sich vor allem aus den in Abb. 2 wiedergegebenen Differenzen bei den Nicht-Kornbestandteilen. Verlässliche Daten zum generellen Einfluss von Sorte und Witterung auf die erntbaren Strohmengen liegen nicht vor. Auch die hier dargestellten Ergebnisse spiegeln nur die Verhältnisse eines Standortes und eines Jahres wider. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass sich eine Abfuhr des Strohs weniger negativ auf die Humusbilanz auswirkt, wenn noch ein beachtlicher Anteil an Nicht-Kornbestandteilen auf dem Feld zurückbleibt.
Einfluss des Fungizids auf Stroh und Erntereste
Über beide Erntetermine gemittelt, konnte ein kleiner aber in der Tendenz deutlicher Einfluss der reduzierten Fungizidvariante auf die Menge der Erntereste beobachtet werden (Abb. 3, zum Vergrößern bitte anklicken). Bis auf die Sorte Hymack verblieben bei allen Sorten durch eine Reduzierung des Fungizideinsatzes mehr Erntereste nach der Strohabfuhr. Der optimale Fungizideinsatz erhöhte vermutlich die Elastizität des Strohs, so dass weniger Bruchstroh entstand. Ein direkter Einfluss der Fungizide auf den Feuchtegehalt des Strohs konnte nicht abgesichert werden, da die Sorten sehr unterschiedlich reagierten.
Humuswirkung der Pflanzenreste
Die höchsten C/N-Verhältnisse wurden beim abgefahrenen Stroh gemessen, die niedrigsten bei den Fraktionen Stoppel mit Wurzel (Abb. 4). Diese werden also im Vergleich zum Stroh schneller abgebaut. Stoppel ohne Wurzel und Kurzstroh + Spreu hatten ein sehr ähnliches C/N-Verhältnis. Beide lagen allerdings unterhalb des C/N-Verhältnisses des abgefahrenen Strohs, würden also langsamer abgebaut als die Wurzel, allerdings schneller als das Stroh. Die C/N-Verhältnisse des Strohs änderten sich zwischen den beiden Ernteterminen kaum (Abb. 4, zum Vergrößern bitte anklicken). Auffällig ist aber, dass Kurzstroh + Spreu ein deutlich niedrigeres C/N-Verhältnis beim zweiten Erntetermin aufwiesen. Dies wurde vermutlich durch den geringeren Gehalt an Kurzstroh hervorgerufen, welches ja durch den hohen C-Gehalt zum C/N-Verhältnis der Erntereste beiträgt. Da ein niedriges C/N-Verhältnis dafür spricht, dass die organische Substanz relativ schnell abgebaut wird, ist der Kohlenstoff aus Kurzstroh + Spreu und der Stoppel nur zu einem kleineren Teil humuswirksam.
Die Daten zu Stroh, Kurzstroh + Spreu und Stoppel mit herausziehbarem Wurzelanteil lassen in Verbindung mit den Kohlenstoffgehalten ein Rückschluss auf die möglichen Humusgehalte zu, die aus der organischen Substanz entstehen könnten (siehe Tab. 1, zum Vergrößern bitte anklicken). Entsprechende Berechnungen wurden für die Sorten Hymack (Hybridsorte) und Mulan (Liniensorte) für die verschiedenen Fraktionen durchgeführt. Es wurde deutlich, dass sehr viel mehr Kohlenstoff in den einzelnen Fraktionen vorhanden war, als rein rechnerisch nach VDLUFA* humuswirksam würde.
Humusreproduktionsleistung
Die VDLUFA nimmt je Tonne Stroh eine Humusreproduktionsleistung von 80–110kg Humus-C an. Die diesen Werten zugrunde liegenden Daten basieren aus heutiger Sicht auf älteren Sorten und überholter Technik und bedürfen vermutlich einer Überprüfung, wie unsere Versuche nahelegen. Denn der hier gemessene Kohlenstoffgehalt der einzelnen Fraktionen ist deutlich höher als die VDLUFA-Werte und liegt bei z.B. 480kg pro Tonne Stroh (Tab. 1). Entsprechend ist bei den gemessenen Mengen an Ernteresten wesentlich mehr an Kohlenstoff im Feld vorhanden, als der über die VDLUFA berechnete humuswirksame Kohlenstoff. Beispiel: Die C-Menge bei Hymack/ Stroh beträgt 2,39t/ha, die berechnete Humusreproduktionsleistung liegt nur bei 0,46t/ha. Das meiste dieses Kohlenstoffs müsste demnach nicht humuswirksam, sondern beim mikrobiellen Abbau als CO2 freigesetzt werden. Allein die Humuswirksamkeit von Kurzstroh + Spreu und Stoppel mit Wurzel, die nach der Strohabfuhr übrig bleiben, macht mehr als das 1,5-fache des abgefahrenen Strohs aus. So wurde bei Hymack eine Humuswirksamkeit von Kurzstroh + Spreu und Stoppel mit Wurzeln von 0,61t/ha berechnet.
Rechnet sich der Strohverkauf bei Ausgleichsmaßnahmen?
Wie stellt sich nun der monetäre und ökologische Wert des Strohs dar? Zum Zeitpunkt der Versuchsauswertung war ein Strohpreis von ca. 6€/dt frei Feldrandlagerung angesetzt. Allerdings besitzt Stroh für den Acker auch einen hohen ökologischen Wert. So wirkt es z.B. als Erosionsschutz, zum Aufbau von Humus im Boden oder aber als Lieferant von Pflanzennährstoffen. Um diesen Wert bei Abfuhr des Strohs ersetzen zu können, müssten andere Ausgleichsmaßnahmen getroffen werden, die in Tab. 2 exemplarisch aufgeführt sind. Bei dem angenommenen Strohpreis von 6€/dt rechnen sich ein Feldgrasanbau oder eine Kompostdüngung, ein Zwischenfruchtanbau ist nur bei höheren Erlösen aus dem Strohverkauf wirtschaftlich, zumal hier in erster Linie Nährhumus produziert wird.
Wie geht es weiter?
Weiterer Forschungsbedarf besteht, um die tatsächlich humuswirksamen Kohlenstoffmengen der Erntereste und die anfallenden Mengen genauer zu charakterisieren. Dies sollte in mehrjährigen Versuchen stattfinden, um Jahreseffekte auszuschließen. Unklar ist, ob die pauschalen Berechnungen noch die heutigen Gegebenheiten (Sorten- und Fungizidwirkung) abbilden. Möglicherweise kann so nach einer Neubewertung der verbleibenden Erntereste eine größere Menge an Stroh für die energetische oder stoffliche Nutzung verwendet werden, als bislang vermutet.
Fazit:
- Stroh erfüllt viele wichtige Aufgaben, wie z.B. den Aufbau von Humus im Boden, Erosionsschutz und Nährstoffnachlieferung.
- Die Witterung hat einen erheblichen Einfluss auf den erntbaren Strohertrag bzw. auf die verbleibenden Nicht-Kornbestandteile auf dem Feld (Jahreseffekt).
- Die auf dem Feld verbleibende Ernterestmenge ist eine beachtliche Größe und für die Humusbilanz verwertbar.
- Die Ausgleichsmaßnahmen zur Strohabfuhr müssen dem erzielten Erlös des Strohverkaufs angepasst werden, um eine Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten.
- Zur Auswirkung der Erntereste auf die Humusbilanz des Bodens sind weiterführende Untersuchungen dringend erforderlich.
Andreas Sünder,
Prof. Dr. Bernhard Carl Schäfer,
Dr. Joachim Moeser