Dazu sind aber ertragreiche und qualitativ hochwertige Schälhafersorten notwendig.
International steigt seit mehreren Jahren der Einsatz von Hafer für Nahrungszwecke. Die vier wichtigsten Anbauländer des Haferweltmarktes sind Kanada, die USA, Finnland und Schweden. In dieser Ländergruppe stieg die Verwendung von Schälhafer zwischen 2001 und 2007 um 22 %, während sowohl die als Futterhafer eingesetzte Menge als auch der Exporthafer massiv zurückgingen (vergl. Abb. 1). Der internationale Handel mit Hafer wird mittlerweile vor allem von Kanada und Finnland dominiert. Diese beiden Länder stellen schon allein etwa zwei Drittel der gesamten jährlich weltweit exportierten Hafermenge.
Auch in Deutschland war der Einsatz von Hafer für Nahrungszwecke in den vergangenen Jahren steigend. Zwischen 1997 und 2007 vergrößerte sich diese Verwendungsrichtung bei uns um 88.000 t, das entspricht einem Anstieg um 47 %. Damit wird gegenwärtig 26 % des gesamten, im Inland zur Verfügung stehenden Hafers in der Nahrungsmittelindustrie verbraucht.
Der positive Trend der Haferverwendung in der menschlichen Ernährung lässt sich auch an der Entwicklung des deutschen Cerealienmarktes ablesen (Tab. 1). So stieg der gesamte Markt allein zwischen 2007 und 2008 um 1,8 % an. Dieser Anstieg ist jedoch ausschließlich auf den verstärkten Verbrauch von Haferflocken und Müsli zurückzuführen, traditionelle Cerealien (z. B. Graupen, Dinkelflocken) waren im Konsum rückläufig.
Preisniveau nähert sich Weizen
Steigender Bedarf an Qualitätshafer bei sinkendem Angebot auf dem Weltmarkt: Müssen da nicht auch die deutschen Erzeugerpreise für Hafer steigen? Tatsächlich ist die Preiswürdigkeit von Hafer im Vergleich mit den anderen Getreidearten insbesondere im vergangenen Wirtschaftsjahr angestiegen (Tab. 2). Futterhafer hat fast das Preisniveau von Brotweizen erreicht, Qualitätshafer ist mittlerweile sogar mit Qualitätsweizen im Preis vergleichbar. Noch vor zwei Jahren wurden für Futter- bzw. Qualitätshafer lediglich Preise auf Futtergersten bzw. Futterweizenniveau gezahlt. Bemerkenswert ist dabei auch, dass in den vergangenen drei Jahren für Qualitätshafer in Deutschland unabhängig von der Höhe des Erzeugerpreises eine stabile Prämie von mehr als 10 % im Vergleich mit Futterhafer zu erzielen war. Auch unter Berücksichtigung des sehr guten Vorfruchtwertes von Hafer verbessert dies natürlich dessen Anbauwürdigkeit in unseren immer enger werdenden Fruchtfolgen, wobei die Produktion von Qualitätshafer Priorität besitzen sollte.
Die Schälmüllerei hat einen steigenden Bedarf an Informationen zur Verarbeitungseignung. Auch in der Beschreibenden Sortenliste wird mittlerweile dieser Tatsache Rechnung getragen, und es gibt seit 2008 eine deutlich umfassendere Beschreibung der Qualität der in Deutschland zugelassenen Hafersorten. Die für die Schäleignung der Hafersorten maßgeblichen Parameter Tausendkornmasse, Sortierung, Spelzenanteil und Anteil nicht entspelzter Körner – also die „Leichtigkeit“ des Entspelzvorgangs – werden abgebildet. Neu mit aufgenommen wurde auch das im Handel wichtige Kriterium Hektolitergewicht, das allerdings im Hinblick auf die Verarbeitungseignung weniger aussagekräftig ist.
Abb. 2 stellt auf dieser Basis die durchschnittliche Qualitätseinstufung verbreiteter und neuer Hafersorten dar. Aufgrund der außerordentlichen Ausgewogenheit in den Merkmalen konnte sich die Weißhafersorte Ivory in den letzten Jahren zur führenden Qualitätshafersorte und zur zweitgrößten Hafersorte im Anbau in Europa entwickeln. Eine Sorte für den Gelbhafermarkt mit „Führungspotenzial“ ist ebenfalls bereits auf dem Markt. Die Rubin-Mühle in Baden-Württemberg hat den Gelbhafer Scorpion im Jahre 2008 einer technologischen Bemusterung unterzogen und dabei folgende herausragende Ergebnisse erzielt: Ausbeute 71 %; ungeschälte Körner 0,3 %; Besatz 0,2 %; Hektolitergewicht 60,9 kg. Mit diesen hervorragenden Zahlen in Verbindung mit einer guten Standfestigkeit und hervorragenden Erträgen hat diese Sorte das Potenzial, sich in den kommenden Jahren zur Hauptsorte für die Schälmüllerei in Südwestdeutschland zu entwickeln.
45 Mio. Euro Absatzpotenzial
Deutschland importierte schon im Jahre 2007 insgesamt mehr als 250.000 t Hafer, vorrangig für die Schälmüllerei. Dies entspricht einem Importwert von etwa 45 Mio. €. Die Produktion von Qualitätshafer bietet also für die heimischen Landwirte lukrative Chancen. Dabei sollte auch der gute Vorfruchtwert von Hafer in die ökonomische Betrachtung einbezogen werden. In Deutschland stehen hochwertige Qualitätshafersorten zur Verfügung, mit denen man sehr wohl mit dem aus dem Ausland importierten Qualitätshafer konkurrieren kann.
Dr. Steffen Beuc