Es ist die Aufforderung, gezielt jeden Produktionsschritt neu zu kalkulieren und den tatsächlichen Aufwand individuell zu bestimmen. Für den Rapsanbau bedeutet „mehr Sorgfalt“ eine erhöhte Anzahl von Feld- und Bestandeskontrollen. Erst diese Sorgfalt ermöglicht einen gezielteren und bedarfsgerechteren Produktionsmitteleinsatz – die Basis für mehr Ertrag und mehr Ökonomie.
Die folgenden fünf Beispiele sind Vorschläge für „mehr Sorgfalt“ im Frühjahr 2008.
1. N-Mengen in üppigen Rapsbeständen im Frühjahr einsparen
Rapool-Praxisversuche im Anbaujahr 2006/07 haben gezeigt, dass in üppigen Rapsbeständen nach Winter zum Teil beachtliche N-Mengen gespeichert sind, die bei der zweiten N-Gabe im Frühjahr berücksichtigt werden können. Unter normalen Anbaubedingungen enthält die Trockenmasse ca. 5 % Stickstoff, so dass eine geerntete Rapsfrischmasse je Quadratmeter von 1.000 g (mal Faktor 50) einer N-Aufnahme von 50 kg N je Hektar entspricht. Je nach Düngemodell kann diese Menge teilweise (N-Sollwert), oder vollständig (N-Bedarfsdüngung) angerechnet werden.
2. Phoma-Schutz bei Triazoleinsatz im Frühjahr berücksichtigen
Der Herbst 2007 hat im September und November durch eine feuchte Witterung gute Infektionsbedingungen für Phoma geboten. Hier steht mit dem Phoma-Prognose-Modul den Rapsproduzenten ein wirkungsvolles Instrument zur Verfügung. Das kostenlose Phoma-Prognose-Modell von Rapool hat gegenüber den Vorjahren deutlich früher und über einen längeren Zeitraum Gefährdungspotenziale angezeigt. Ob Standardbehandlungen Ende September/Anfang Oktober 2007 ausgereicht haben, um Infektionen zu stoppen, ist noch nicht sicher. Ein feuchter und warmer Winter und nasse Bedingungen bei Vegetationsbeginn fördern grundsätzlich die Infektionsgefahr. Dies sollte bei dem Triazoleinsatz im nächsten Frühjahr durch höhere Aufwandmengen berücksichtigt werden.
3. Rapsschädlinge im Frühjahr nach Prognose und Gelbschalenfängen behandeln
Je nach Frühjahrsbeginn können die ersten Rapsschädlinge mit den ersten warmen Temperaturen durchaus ab Mitte Februar auftreten. Mit Hilfe des kostenlosen Programms zur Schädlingsprognose, das online von Rapool zur Verfügung gestellt wird, lassen sich zu Vegetationsbeginn 2008 erste Befallshinweise ermitteln, um Stängelrüssler und Triebrüssler rechtzeitig zu erfassen. Gerade in Befallsgebieten mit pyrethroidresistenten Rapsglanzkäfern sollte auf den Einsatz von Präparaten geachtet werden, die in der Wirkung gegen diesen Schädling verbessert worden sind. Zudem sollten Wirkstoffwechsel eingeplant werden, um bei einem Starkbefall wie im Jahr 2006 vorbereitet zu sein.
4. Chancen und Risiken einer Blütenbehandlung neu kalkulieren
Besonders in guten bis sehr guten Rapsbeständen sollte der aktuelle Kostenaufwand für eine Behandlung dem möglichen Ertragsausfall neu gegenübergestellt werden. Nach den jetzigen Preisrelationen ist jeder Doppelzentner Raps ca. 10 € teurer als noch vor einem Jahr. Bei feuchter oder nasser Witterung während der langen Blühperiode ist grundsätzlich eine Infektionswahrscheinlichkeit gegeben. Schwierig wird es, wenn erneut eine Trockenphase wie 2007 folgt. Dann sind amtliche Mitteilungen zum Zustand der Sporenlager (Auskeimung der Apothezien) hilfreich. Jedoch lassen das individuelle Bestandsklima und offensichtlich mögliche Direktinfektionen gesicherte Prognosen manchmal an ihre Grenzen stoßen.
Wenn die Entscheidung für eine Blütenbehandlung getroffen wird, ist eine besondere Sorgfalt notwendig. Denn alle Pflanzenteile müssen gleichmäßig mit dem Wirkstoff benetzt werden. Neben der Düsenwahl sollte unbedingt auf eine ausreichende Wassermenge geachtet werden. Generell ist eine Behandlung in den Abend-, Nacht- oder Morgenstunden vorteilhaft.
5. Rapsdrusch nach exakter Reifebestimmung
Eine noch sorgfältigere Bestimmung des Reifezeitpunktes erspart ungewollte Ernteverluste durch zu frühen oder zu späten Drusch.
Bei Kornfeuchten von 8 bis 11 % H2O verläuft der Rapsdrusch weitgehend störungsfrei, verlustarm, mit niedrigem Energieaufwand und hoher Flächenleistung. Die Rapspflanzen sind im Stadium der Totreife, die Schoten sind grau bis braun gefärbt. Die Abreife verläuft von oben nach unten. Daher ist auf die Reife der unteren Schoten an den Nebentrieben zu achten, welche ebenfalls verfärbt und nicht mehr gummiartig sein sollten. Auch die Stängel sollten bis zum Ansatz der Triebe trocken sein. Ein Probedrusch kann hilfreich sein, um die Druschfeuchte zu ermitteln. Bei Kornfeuchten von 8 bis 9 % nehmen die Verluste durch Spritzkörner im Schneid- und Einzugsbereich zu, außerdem treten Bruchkörner auf (D. Lange).
Mehr Sorgfalt in der Produktionstechnik bietet im Rapsanbau einige Ansätze Ertrag und Gewinn zu steigern. Intensive Bestandskontrollen und die Nutzung von Prognoseangeboten ist ein Schritt auf dem Weg zu 2.555 Litern Öl pro Hektar.
Andreas Baer, Rapool-Ring