Können die Roggenzüchter die Mutterkornproblematik über die Stäubeleistung der Sorten lösen?
Wir verfolgen da eine differenzierte, zweigleisige Strategie. Wir haben unser Hauptaugenmerk auf den Ertrag gelegt und gleichzeitig die Stäubeleistung so verbessert, dass die Gefahr von Mutterkorn reduziert wird. Die Sorte ASKARI liegt in offiziellen Prüfungen bezüglich der Widerstandfähigkeit gegenüber Mutterkorn an erster Stelle. Auch im Ertrag wird ASKARI von offizieller Seite aus höher eingestuft als andere Sorten. Nur mit der Stäubeleistung allein ist es also nicht getan.
Besitzt diese Sorte das so genannte „Pollenplus-Gen“, dass so gut gegen Mutterkorn schützen soll?
Wir arbeiten auch mit diesem Iran-Gen, verfolgen aber eine Doppelstrategie. Zum einen arbeiten wir sehr konzentriert an der Einkreuzung des Gens in unserem Material. Durch Einlagerung dieses fremden, weniger angepassten Genmaterials ergeben sich auch leicht Nachteile hinsichtlich agronomischer Merkmale (Lager, Wuchshöhe) und besonders des Ertrages. Bevor alle diese Nachteile durch die züchterische Selektion kompensiert worden sind, arbeiten wir auch an der Weiterentwicklung der Restorergene aus dem adaptierten Genpool. Die Erfolge mit der Sorte ASKARI mit dem Höchstertrag einerseits und der sehr guten Widerstandsfähigkeit gegen Mutterkorn andererseits bestätigen unseren eingeschlagenen Weg.
Wie stehen Sie zur Aussaat reiner Hybriden ohne Einmischung von Populationsroggen. Ließen sich dadurch nicht die Erträge erhöhen?
Wir haben mit ASKARI eine Sorte, die wir auf Grund ihrer verbesserten Widerstandfähigkeit gegen Mutterkorn auch ohne Einmischung anbieten könnten. Wir machen es nicht, da wir der Meinung sind, dass durch die 10%ige Einmischung einer Population vermehrt nicht verwandter Pollen zur Befruchtung kommt. Hiervon versprechen wir uns eine Art doppelten Hybrideffekt. Bei diesem können wir zusätzlich zum „normalen“ Hybrideffekt der Sorte selbst auch einen Hybrideffekt im Korn in Form eines höheren Tausendkorngewichtes (TKG) nutzen. Daher kann man auch von „Turbohybriden“ sprechen. Ein anderer Grund ist die für gewöhnlich kürzere Blühdauer einer Hybride verglichen mit einer Population. Eine Hybride kann nicht für alle Hybriden mit den bestehenden Blühzeitunterschieden der ideale Einmischpartner sein. Wir denken, die Einmischung von Populationsroggen ist der sicherere Weg für Höchsterträge und wenig Mutterkorn.
Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Sorte RASANT, die eine höhere Anfälligkeit gegenüber Mutterkorn besitzen soll?
Es stimmt, RASANT besitzt gegenüber ASKARI eine höhere Anfälligkeit. Diese wurde in offiziellen Versuchen bei künstlicher Infizierung und Sorten ohne 10%ige Einmischung von Population ermittelt. Aber diese Versuche sind aus unterschiedlichen Gründen nicht direkt übertragbar.
Zum einen wird auch RASANT mit 10%iger Populationseinmischung verkauft, die das Risiko deutlich mindert. Auch ist der natürliche Befall vermindert und zum anderen ist der natürliche Befall in den Hauptanbaugebieten sehr viel geringer als bei mehrmaliger, künstlicher Ausbringung der Sporen. Für Befallslagen steht die ähnlich ertragsstarke Sorte ASKARI zur Verfügung.
Für RASANT spricht, dass diese Sorte nach den offiziellen Prüfungen der ertragreichste Hybridroggen ist und speziell für die Roggenanbaugebiete Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern entwickelt wurde. Hier zählt der hohe Ertrag und vor allem die bessere Eignung für die Bioethanolgewinnung.
Warum bewirbt die SAATEN-UNION nicht stärker das Thema Mutterkorn, wo sie doch mit ASKARI ein Sorte mit hoher Widerstandsfähigkeit gegen Mutterkorn hat?
Wir finden es kontraproduktiv, Roggen vorrangig unter dem Leitthema Mutterkorn zu diskutieren, da das dem Stellenwert des Roggens nicht gerecht wird und nur zur Abnahme der Roggenanbaufläche führt. Außerdem besitzen wir bei Roggen ein sehr breites Sortenspektrum, das allen Anforderungen in der Landwirtschaft gerecht - auch und vor allem im Hinblick auf höhere Erträge. Wir denken, dass wir dem Landwirt hierdurch besser helfen als mit Panikmache beim Thema Mutterkorn.
Dr. Franz Joachim Fromme, Hybro Saatzucht, Telefon: 039854 647-0