Ohne Novellierung des Sortenschutzes ist kein Zuchtfortschritt möglich
Deutsche Pflanzenzüchtung hat weltweit eine führende Position, weil in Deutschland sehr viel Geld in Forschung investiert wird. Die Quote für Forschung und Entwicklung liegt bei ca. 16,9 % des Umsatzes an Saat- und Pflanzgut. Diese Gelder bringen Züchtungsunternehmen fast ausschließlich selbst auf – mit Lizenzgebühren aus dem Sortenschutz.
Die SAATEN-UNION ist eines der Unternehmen, die sich besonders intensiv in der Forschung engagieren. 1984 wurde daher das SAATEN-UNION Resistenzlabor gegründet, in dem zzt. 36 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neue, effektivere Forschungsmethoden und -techniken entwickeln. Hier wird die Grundlage für einen wettbewerbsfähigen und schnelleren Züchtungsfortschritt gelegt, der auch unter Praxisbedingungen Bestand hat.
Doch die Forschungsaktivitäten für neue, bessere Sorten sind gefährdet, denn der Sortenschutz wird durch die gesetzlichen Vorgaben streckenweise zur Farce:
Nach Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesgerichtshofes müssen weitgehende Anhaltspunkte für die Auskunftserteilung von Landwirten und Aufbereitern über die Nutzung von Nachbausaatgut seitens der Züchter erbracht werden. Dies ist in dieser Form von den Züchtern nur unter höchstem bürokratischen Aufwand und in keinem Fall flächendeckend zu leisten. Zwischen den Landwirten, die sich der Nachfrage schlicht entziehen und denen, die wahrheitsgemäß antworten, entsteht somit eine Ungleichbehandlung. Die Nachbauregelung und das Schutzrecht werden dadurch ausgehöhlt.
Hier kann nur die Zusammenarbeit mit den politischen Vertretern weiterhelfen, denn eine Novellierung des nationalen und europäischen Sortenschutzes scheint vor diesem Hintergrund absolut notwendig.
Zuständigkeitsgerangel gefährdet Landessortenversuche!
Fast jeder, der Ackerbau betreibt, greift vor der Sortenentscheidung auf die Ergebnisse der Landessortenversuche zurück. Doch dieser neutrale Sortenvergleich ist jetzt aufgrund von Kompetenzrangeleien und Finanzierungsfragen gefährdet! Die Züchter setzen sich daher vehement dafür ein, dass das System der Landessortenversuche als Überprüfungsinstrument der bereits durch das BSA zugelassenen Sorten in der bewährten Form erhalten bleibt. Dazu müssen die Länder die notwendigen Ressourcen vorhalten. Dies wurde auch durch die Agrarministerkonferenz 2004 zwar bereits bestätigt, Zuständigkeitsfragen haben bis dato aber die notwendige Vereinbarung zwischen BSA, Länderdienststellen und BDP verhindert.
Diese Missstände wurden auf dem Treffen mit den politischen Vertretern zur Sprache gebracht: Nach Meinung der Züchter sollte die Landesregierung hier klare und verbindliche Verhältnisse schaffen, um das Kompetenzgerangel zu unterbinden. Nur so kann das für die Landwirtschaft so wichtige Bewertungsinstrument der Landessortenversuche gesichert werden!
Dr. Anke Boenisch