Die Prognosen bezüglich des zukünftigen Marktes für Bioethanol und der dafür benötigten Getreidemengen sind allerdings sehr viel versprechend. Theoretisch würden alleine in Deutschland im Jahr 2010 bereits 4,3 Mio t nur für die Gewinnung von Bioethanol angebaut werden können.
Anforderungen an Bioethanolgetreide
Welche Anforderungen werden nun seitens der Industrie an den „Rohstoff Getreide“ gestellt?
- hohe Ethanolausbeute (zzt. kein Test verfügbar)
- hoher Stärkegehalt
- geringer Proteingehalt
- spezifische technologische Eigenschaften (z.B. geringe Kornhärte)
- geringe Toxinbelastung
- geringer Pentosangehalt
Anbauverträge sind obligatorisch, um die EU-Prämie für den Anbau von Getreide zur Bioethanolgewinnung beantragen zu können. In diesen Verträgen werden die Merkmale Feuchte, Besatz, Mutterkornbesatz, Hektolitergewicht und Auswuchs zwar auftauchen, sind für die Preisfindung aber oft sekundär. Hohe Fallzahlvorgaben als Indiz für eine geringe Enzymaktivität dürften nicht mehr die höchste Priorität haben, da die Produktionsstätten in ihren Anlagen gezielt Enzyme zur Verbesserung der fermentativen Umsetzung von Stärke zugeben.
Jetzt stellt sich für den/die Landwirt/in die Frage, welche unserer Getreidearten für diesen Zweck am Besten geeignet sind und vor allem, welche Sorten für die Bioethanolproduktion empfohlen werden können. Gibt es solche „Ethanolsorten“ überhaupt schon?
Grundsätzlich kommen bei uns die drei heimischen Kulturarten Winterweizen, Winterroggen und Wintertriticale in Betracht. Zurzeit sind keine Sorten zugelassen, deren Züchtungsziel die Eignung für die Ethanolproduktion war. Aber es gibt durchaus Sorten, die den Anforderungen der Ethanolindustrie entsprechen.
Geeignete Weizensorten:
Die Sorte EPHOROS erfüllt die meisten der oben genannten Qualitätsanforderungen an Bioethanolgetreide. Sie ist großkörnig und damit stärkereich und im Hinblick auf Fusarium als sehr gesund zu bezeichnen. Durch ihre sortentypisch niedrigen (aber stabilen!) Fallzahlen und relativ hohen Stärkegehalte wird diese Sorte offiziell für die Bioethanolgewinnung empfohlen.Die Gruppe der Hybridweizen ist aufgrund der ertragsbedingt niedrigen Proteingehalte ebenfalls für die Bioethanolproduktion geeignet. Auch sie weisen in der Regel hohe Stärkegehalte auf.
Weichkörnige Futterweizen, wie z.B. die Sorte GLASGOW, sind unter dem Aspekt „Energieausbeute“ im Visier, müssen sich aber erst unter deutschen Anbaubedingungen beweisen.
Geeignete Roggen- und Triticalesorten:
Es gilt auch hier die Regel: Je höher das TKM und je geringer der Rohproteingehalt, desto höher ist der zu erwartende Stärkegehalt. Wenn dann noch, wie beispielsweise bei den Roggensorten AMATO und RASANT, sehr hohe Hektarerträge hinzukommen, dann stimmen auch die Stärkeerträge pro Hektar und die Sorte empfiehlt sich für die Ethanolproduktion.Der großkörnige TRITIKON und auch VERSUS empfehlen sich bei Triticale.
Nicht nur Stärke als Bewertungskriterium
Bisherige Ergebnisse zeigen, dass der Stärkegehalt alleine nicht die Unterschiede in der Bioethanolausbeute erklären kann. Letztlich muss das entscheidende Kriterium für die Fruchtart bzw. Sortenwahl die Höhe an vergärbarer Substanz sein. Verschiedene Substanzen, wie z.B. Pentosane, müssen sich erst zu Stärke abbauen, bevor sie vergoren werden können. Damit sind sie mit den gebräuchlichen Stärkenachweisen nicht zu erfassen, obwohl sie in der Summe bis zu 10% der Trockensubstanz ausmachen können. Wenn die Getreideproduktion für Bioethanol ein Markt wird, und davon ist auszugehen, dann müssen neue Tests zur Preisfindung eingesetzt werden, die auf die tatsächliche Ethanolausbeute abzielen. Nur so ist eine gerechte qualitative Beurteilung der Rohware möglich.
Dr. Andreas Jacobi und Dr. Heinrich Wortmann