Die Stärke-, aber auch die Rohproteingehalte des Roggenkorns liegen niedriger als die von Weizen und Triticale. In den Landessortenprüfungen des Anbaugebietes D-Süd-Standorte wurden 2004 und 2005 bei ertragsorientierter, ortsüblich optimaler Bestandesführung im Mittel des Prüfsortiments Stärkegehalte von ca. 62,5 % (100 % TS) und Rohproteingehalte von 10,4% ermittelt. Nach zweijähriger Prüfung bestätigt sich, dass der Stärkeertrag in sehr hohem Maße durch den Kornertrag bestimmt wird (Tab. 1). Möglichst hohe Stärkegehalte sind allerdings auch beim Roggen besonders dann von Interesse, wenn der Anbauvertrag Preiszuschläge für über einem Basiswert liegende Gehalte vorsieht. In beiden Prüfjahren erzielte die großkörnige Sorte Rasant die besten Stärkegehalte, die das Sortimentsmittel um ca. 1 bis 2 % übertrafen. In Verbindung mit guten Kornerträgen führte das zu hohen Stärkeerträgen, insbesondere im Jahre 2004. Im Jahr 2005 erreichten Amato und Pollino ein mit Rasant vergleichbares Stärkegehaltsniveau.
Bei der Sortenwahl für Bioethanolroggen ist das unterschiedliche Anfälligkeitsrisiko der Sorten für Mutterkorn zu berücksichtigen (Tab. 1). Wegen der Weiterverarbeitung der bei der Ethanolherstellung anfallenden Schlempe zu einem Eiweißfuttermittel gilt der Grenzwert von 0,1 % Mutterkorn in der Partie. In Abwägung aller relevanten Sorteneigenschaften erscheinen aufgrund ihrer mehrjährig vor allem im Korn- bzw. Stärkeertrag nachgewiesenen Leistungen folgende Sorten für die Verwertungsrichtung Bioethanol geeignet:
Hybridsorten: Picasso, Askari, Fernando Rasant (bester Stärkegehalt, höheres Mutterkornrisiko
Populationssorten: (sehr leichte Böden) Recrut, Matador, Boresto
Synthetische Sorten: Caroass
Die landwirtschaftlichen Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Partien mit den geforderten Stärkegehalten und Kornqualitäten zu erzeugen. Deshalb sind Ergebnisse zur Wirkung von Stickstoffdüngung, Fungizid- sowie Halmstabilisatoreneinsatz aus dreijährigen, dreiortigen anbautechnischen Vergleichen zu Winterroggen auf leichten Diluvialböden im Land Brandenburg von herausragender Bedeutung, da sie auch unter dem Aspekt der Stärkeerzeugung bewertet wurden.
Ein Überblick zu den Prüffaktoren ist in Tab. 2 dargestellt. Abb. 1 zeigt neben den Stärkeerträgen von 29,0 bis 37,6 dt/ha TM bei der Hybride und 22,5 bis 33,7 dt/ha TM bei der Populationssorte in den einzelnen Intensitätsstufen die errechnete intensitätskostenfreie Leistung ohne Berücksichtigung der differierenden Saatgutkosten. Im vorliegenden Fall wurden die günstigen Erzeugerpreise von September 2006 zugrunde gelegt. Die Relation der intensitätskostenfreien Leistung zwischen den Sortentypen folgt der des Korn- bzw. Stärkeertrages. Tendenziell reagierte die Hybride im naturalen und monetären Ertrag etwas positiver auf Intensitätssteigerung. Der hier nicht dargestellte Orts- und Jahreseinfluss ist dabei zu berücksichtigen.
Die Kornqualität (Tab. 3 auf Seite 24), dargestellt als Stärke-, Rohproteingehalt, Tausendkornmasse und Hektolitergewicht lässt nur unwesentliche Differenzen zwischen Hybride und Populationssorte in den einzelnen Intensitätsstufen erkennen. Es bestätigt sich die negative Beziehung zwischen Rohprotein- und Stärkegehalt. Alle niedriger gedüngten Stufen weisen einen um ca. 1-2 % TM geringeren Rohproteingehalt auf als die höher gedüngten Stufen. Genau umgekehrt verhält sich der Stärkegehalt. Insgesamt war die Differenzierung im Mittel der Jahre und Orte nur sehr gering. Es gab jedoch deutliche negative Abweichungen im Stärkegehalt (58,9 bis 60,3 % TS) in Kombination mit Rohproteingehalten von 13-15 % TM im extremen Trockenjahr 2003. Dies steht im Zusammenhang mit geringem Kornertragsniveau und schlechter Kornausbildung und verstärkt sich mit abnehmender Bodenbonität.
Die Tausendkornmasse wird durch eine Bekämpfung der Blattkrankheiten, hier insbesondere Braunrost, positiv beeinflusst, während das Hektolitergewicht indifferent reagiert.
Fazit:
- Auf den typischen Roggenstandorten Ostdeutschlands stellt die Erschließung des Bioethanolgetreideanbaus neue Produktionsperspektiven dar, die zur Stabilisierung des Roggenanbaus beitragen können.
- Für die Bioethanolproduktion bestehen besonders mit geprüften und empfohlenen Roggensorten günstige Voraussetzungen, eine sichere und kostengünstige Rohstoffversorgung zu gewährleisten.
- Die Stickstoffdüngung ist dem Kornertragsniveau des Standortes anzupassen. Für typische Roggenstandorte (leichte Diluvialböden) liegt das Optimum bei 80-120 kg N/ha in 1-2 Gaben.
- Um hohe Stärkegehalte/niedrige Proteingehalte zu bewirken, sollte die N-Düngung bis zum Entwicklungsstadium BBCH 37-39 abgeschlossen sein.
- Die Kornausbildung (besonders TKM) wird durch eine Braunrostbekämpfung positiv beeinflusst.
- Eine Halmstabilisatorenanwendung sollte standortbezogen erfolgen.
Dr. Lothar Adam, Dr. Gert Barthelmes, Edda Fahlenberg