Marktleistung plus Fruchtfolgeleistung
Die Fruchtfolgeleistung ist mehr als der Vorfruchtwert. Sie berücksichtigt die Auswirkungen der Kultur auf die Ökonomie und Nachhaltigkeit der gesamten Fruchtfolge und ist betriebsindividuell zu bewerten. Allgemein gilt: Je enger und winterungslastiger die Fruchtfolge ist, umso größer der pflanzenbauliche Nutzen einer Sommerung durch die bessere Ungraskontrolle, den geringeren Krankheits- und Schädlingsdruck oder Einsparungen bei der Bodenbearbeitung. Auch gilt: Je weniger fruchtbar der Standort, je geringer die Anbauintensität, je höher der Schädlingsdruck – umso größer ist der Vorteil einer lockeren Fruchtfolge.
Bei Hackfrüchten und auch Silomais schlagen bei der Einschätzung der Fruchtfolgeleistung drei weitere Aspekte zu Buche: geringere bzw. unsichere Erträge des später bestellten Wintergetreides bzw. der alternativen Sommerung, das Risiko von Strukturschäden nach einem verregneten Herbst sowie der stärkere Humusabbau. Letzterer ist vor allem dann zu bewerten, wenn die Fruchtfolge durch einen hohen Anteil Humuszehrer wie Rüben, Kartoffeln oder Silomais gekennzeichnet ist. Wirtschaftlich greifbar ist die Humuszehrung etwa dadurch, dass wegen ihr keine Vermarktung des Getreidestrohs möglich ist, anzusetzen beispielsweise mit 100 €/ha Nettonutzen! In diesem Beispiel wurde der Vorfruchtwert von Silomais mit -70 €/ha bewertet, ohne Garrest-Rückführung mit -90 €/ha, weil dann deren Ligninbestandteile als wertvolle Dauerhumusbildner fehlen.
Sommergetreide mit Strohdüngung wird ebenso wie Körnermais 30 €/ha Fruchtfolgebonus zugestanden, begründbar allein schon durch den geringeren Ungrasdruck gegenüber winterungslastigen Fruchtfolgen. Bei Sommergerste könnte auch der sehr geringe Wasserbedarf bewertet werden, auf gut Wasser speichernden Standorten bleibt so mehr Wasser für hochproduktive Hackfrüchte oder Mais. Der höhere Bonus für Hafer (60 €/ha) und Sommerraps (70 €/ha) ist zusätzlich mit höheren Erträgen der Nachfrucht begründet, die noch höheren Fruchtfolgeleistungen für heimische Leguminosen mit zusätzlicher Stickstoffeinsparung. Was Einsparungen bei der Arbeitserledigung angeht, darf man sich bei Fruchtfolgen mit Sommerungen allerdings nichts in die Tasche lügen. Liegt – wie hier unterstellt – die Maschinenauslastung über der Abschreibungsschwelle, führt die höhere Auslastung der Maschinen nicht zu einer geringeren Festkostenbelastung.
Rentabilitätsschwellen als Faustgröße
Aus den Kosten-, Preis- und Ertragsrelationen der Sommerungen sind in Tab. 1 die Rentabilitätsschwellen nach dem Preis und nach dem Ertrag abgeleitet. Sie zeigen an, ab welchem Ertrags- bzw. Preisniveau die Produktionskosten bezahlt sind, der kalkulatorische Gewinn also steigt. Bodennutzungskosten und entkoppelte Prämien spielen für kurzfristige Entscheidungen keine Rolle und sind deshalb nicht berücksichtigt.
Je weiter die einzelbetriebliche Ertrags- bzw. Preiserwartung über diesen kurzfristigen Rentabilitätsschwellen liegt, umso interessanter die betreffende Kultur! Auf feucht-kühlen Standorten etwa wird die ertragsbezogene Rentabilitätsschwelle bei Hafer (34 dt/ha) locker um 100 % zu überschreiten sein, 80 dt/ha zur Kostendeckung bei Körnermais sind dort bereits ein anspruchsvolles Produktionsziel. Wo umgekehrt regelmäßig 120 dt/ha Körnermais gedroschen werden, ist Sommergetreide und selbst Wintergetreide trotz deutlich niedrigerer Rentabilitätsschwellen nicht wettbewerbsfähig.
Bei Silomais nicht leichtfertig kalkulieren
Silomais als Marktfrucht für Biogasanlagen war in den letzten Jahren der Renner. Die Frühjahrstrockenheit der letzten beiden Jahre war aufgrund der späten Jugend nicht schädlich, die ergiebigen Augustniederschläge wurden vor allem 2011 effizient genutzt. Nach einem Jahr mit Spitzenerträgen gilt es jetzt allerdings aufzupassen bei den Preisvereinbarungen, sonst steht bei schwächeren Ernten die Rendite auf dem Spiel!
Im Beispiel wurde Silomais mit drei Preismodellen kalkuliert, die so 2011 auch tatsächlich in der Praxis vereinbart waren:
- Verkauf ab Feld mit Gärrestrückführung für 28 €/t FM entsprechend 9 €/dt TM
- Verkauf frei Waage für 32 €/t FM entsprechend 10 €/dt TM, ebenfalls mit kostenfreier Gärrestbereitstellung (Fugatwert ca. 70 %)
- Verkauf für 32 €/t FM (10 €/dt TM) ab Feld, jedoch ohne kostenfreie Gärrestbereitstellung.
Gerade beim letzten Preismodell sind die hohen Nährstoffentzüge von Silomais zu beachten, die zu aktuellen Düngerpreisen bei 16 t TM-Ertrag mit über 500 €/ha zu bewerten sind!
Selbst wenn bei Gärrestrückführung zusätzlich 60 €/ha für die Unterfuß-Düngung sowie 110 €/ha höhere Arbeitserledigungskosten kalkuliert werden, bleibt ein Kostenvorteil von 350 €/ha. Bei der kostenfreien Fruchtfolgeleistung rangiert deshalb die Variante 1 hier mit Sommerweizen oder Qualitätshafer vorne, Variante 2 im Mittelfeld, Variante 3 weit abgeschlagen! Die Abrechnungsmodelle 2 und 3 scheinen damit zu knapp kalkuliert. Das zeigt auch die Rentabilitätsschwelle für Variante 3: Diese liegt bei 118 dt/ha TM-Ertrag, in normalen Maisjahren ist diese auf ungünstigeren Maisstandorten gerade eben zu erreichen. Dort kann Silomais kaum kostengünstig produziert werden – andere Sommerungen sind bei den genannten Konditionen häufig wirtschaftlicher.
Hinweise für faire Vertragsmodelle gibt die Rentabilitätsschwelle nach dem Preis. In diesem Beispiel müsste Silomais ohne Gärrestrückführung um 2,30 €/dt TM bzw. 7,20 €/t FM höher bezahlt werden als solcher mit. Wird der Silomais vom Anbauer geerntet und z.B. 5 km angeliefert, müsste der Preis 1,55 €/dt TM bzw. 4,80 €/t FM höher liegen als beim Verkauf ab Feld.
Bei Sommergetreide auf Qualität setzen
„Als Überraschungssieger der Ernte 2011 könnte sich Braugerste erweisen“ hieß es vor einem Jahr an dieser Stelle. Und in der Tat: Braugerste ist wieder raus aus dem Preisloch und die knappe Versorgungslage verspricht auch für die Ernte 2012 wettbewerbsfähige Preise.
Sommergetreide lohnt sich allerdings nur bei einer attraktiven Vermarktungsqualität, das gilt für Braugerste genauso wie für Industriehafer oder Durum. Bei Hartweizen sind sichere Vermarktungsqualitäten am ehesten auf tiefgründigen Böden in Trockenlagen zu erreichen, bei Hafer in feucht-kühlen Lagen mit langsamer Abreife, bei Braugerste auf Standorten mit geringer N-Nachlieferung. Die wichtigsten Einflussgrößen auf hohe Qualitäten sind neben Standort und Sorte ein rechtzeitiger Aussaattermin sowie eine sorgfältige Bodenbearbeitung mit dem Ziel einer leichten Durchwurzelung.
Leguminosen bei Selbstverwertung ganz vorn!
Bei Leguminosen wurde 2011 zum letzten Mal die Eiweißpflanzenprämie von 56 €/ha bezahlt, zukünftig geht diese in eine vollständig entkoppelte Flächenprämie auf. Welche Leguminose sich als Marktfrucht einzelbetrieblich am ehesten rechnet – Erbsen, Lupinen, Ackerbohnen oder in speziellen Lagen Sojabohnen – ist in erster Linie eine Standortfrage. Die heimischen Leguminosen sind dann am ehesten lohnend, wenn sie bei Selbstverfütterung – auch als GPS – mit ihrem tatsächlichen Futterwert kalkuliert werden. Setzt man diesen mit aktuell etwa 25 €/dt Wert voll an, würde die Ackerbohne in der Beispielkalkulation um 220 €/ha günstiger abschneiden. Sie läge dann nicht am Ende, sondern an der Spitze der Wirtschaftlichkeit – wenn gleichzeitig ihr hoher Vorfruchtwert berücksichtigt wird! Man darf gespannt sein, ob die Reform der Agrarpolitik wieder stärkere Anreize für den Leguminosenanbau setzt, schon jetzt profitieren sie von den Agrarumweltprogrammen einiger Bundesländer.
Sven Böse