In der Diskussion zwischen Tammen Senior und Junior, Fokko Schumann (Landhandel Klaus Schmidt), Fachberater Winfried Meyer-Coors (SAATEN-UNION) und Dr. Anke Boenisch (praxisnah) kristallisierten sich schnell die Grundprinzipien heraus, nach denen der Herdbuchzüchter arbeitet.
- Sorgfältige Eigenzucht statt Zukauf
- Haltung der Tiere mit viel Licht, Luft und Bewegung
- Lebensleistung und Gesundheit zählen mehr als die absolut höchste Jahres-Milchleistung.
- Ganz wichtig: viel Sorgfalt bei der Futtererzeugung und Fütterung
Die halbe Miete: gute Genetik, gute Gesundheit, zufriedene Tiere, hohe Lebensleistung
Der Herde auf der Weide sieht man auch als Nicht-Fachmann sofort an, dass hier alles aus „einem Guss“ ist. Die Tiere beeindrucken nahezu alle durch gute Fundamente, hervorragende Euter und eine gute Kondition.
„Ich überlasse fast nichts dem Zufall und investiere auch viel Zeit in die Zucht. Wir kaufen kein Tier zu. Bei Erstkalbinnen verwende ich ausschließlich gesextes Sperma für Kuhkälber, um die Geburt zu erleichtern. Wir haben zzt. eine Durchschnittsleistung von 9.850 Litern. Das ist sicher nicht das genetische Maximum. Aber es ist ökonomischer, mit der Durchschnittsleistung etwas unter dem maximal Möglichen zu bleiben, dafür aber wenig Abgänge, eine geringe Remontierungsrate und eine insgesamt gesunde Herde zu haben. Lebensleistung ist mir wichtiger als Rekorde in Litern/Jahr. Wir hatten im Betrieb schon 100.000 Literkühe, die aktuelle Rekordhalterin liegt bei gut 80.000 Litern.“
Die andere Hälfte: ausgewogene Rationen und eine sehr sorgfältige Grundfuttererzeugung
„Die Milchkühe erhalten ganzjährig zur freien Verfügung Gras- und Maissilage. Im Winter gibt es zudem Maismehl, Getreide, Raps und Soja sowie Milchleistungsfutter. Außerdem noch Mineralfutter von 120 g/Tag. Im Sommer geht die Aufnahme der Silage natürlich aufgrund des Weideganges zurück. Um die Leistung aus dem Grundfutter zu maximieren, ist eine standortangepasste Grünlandmischung und eine sogfältige Grünlandpflege sehr wichtig“, erläutert Tammen. Nur das bringe erstens drei Schnitte lang eine qualitativ gute Silage und zweitens auch noch im vierten Aufwuchs schmack- und nahrhaftes Weidefutter.
„Mit der regelmäßigen Bodenuntersuchung fängt es an, denn stimmt der pH-Wert nicht, schmeckt auch die Pflanze nicht“, stellt Tammen sen. klar. Abgesehen davon, seien die wertvollen Futterpflanzen bei zu niedrigen pH-Werten nicht konkurrenzstark.
Die richtige Mischung, die richtige Pflege
Für seine Knickmarschböden wurde Gerhard Tammen vor einigen Jahren von Winfried Meyer-Coors die Mischung TETRASiL®-Mineral empfohlen.Diese besteht überwiegend aus tetraploiden, späteren Deutschen Weidelgräsern, hat eine schnelle Anfangsentwicklung, ist zuckerreich und zeigt zudem ein hohes Maß an Ernteflexibilität. Tammen ist bei dieser Mischung geblieben, in erster Linie wegen der Arbeitsflexibilität: „Für meine Arbeitsorganisation ist ein großes Schnittzeitfenster ganz wichtig. Das heißt, ich habe einige Tage Zeit und verliere doch keine Qualität. Frühe Sorten passen bei mir nicht so gut, weil dann der Rohfasergehalt oftmals über dem Optimum liegt.“
„TETRASiL®-Mischungen sind keine Billigmischungen“, gibt Schumann zu bedenken. „Wenn man die Bestände aber sauber hält, bei Bedarf nachsät und ausreichend düngt, sind sie erstens langlebig, zweitens sehr leistungsstark und liefern drittens gute Qualitäten. Außerdem sind sie zuckerreicher als andere Mischungen und werden daher sehr gut gefressen.“ Der Totalumbruch ist dann nur alle 10–12 Jahre sinnvoll, das macht im Betrieb ca. 6 Hektar pro Jahr aus. Die Altnarbe wird mit einem Totalherbizid totgespritzt, dann wird flach gepflügt, was einen starken Humusabbau verhindert. Es folgt die Kreiselegge und die Walze. Die Neuansaat muss bis Ende August erfolgen, weil sonst der erste Schnitt gefährdet ist.
Eine Unkrautbekämpfung wird konsequent durchgeführt. Auch die regelmäßige Qualitätsuntersuchung der Grassilage ist im Betrieb Tammen Standard – typische Werte für den ersten Schnitt sind 6,6 NEL, 23 % Rohfaser.
Erfahrungen in extremen Wetterlagen
Die Bestände danken diese sorgfältige Pflege mit einer guten Regenerationsleistung – etwa nach extremer Trockenheit. Dabei sind es besonders die jüngeren Bestände, die bei Trockenheit langsamer zeichnen und sich generell schneller erholen. „Je älter der Bestand, desto weniger tief die Wurzeln“, vermutet Fokko Schumann als eine der Ursachen.
Fazit
Schönheit und Leistung kommen von innen! Genetik ist zwar elementar sehr wichtig, kann aber nur ausgeschöpft werden, wenn Haltung und Fütterung stimmen. Erfolg ist eben multifaktoriell – das gilt nicht nur für Kühe.