Beispiele für Extremwetterereignisse hat es allein in den letzten beiden Jahren genügend gegeben: sintflutartige Niederschläge zur Ernte 2011, großflächige Weizenauswinterung nach den extremen Kälteeinbrüchen im Februar 2012, Rapsumbrüche wegen mangelhafter Feldaufgänge infolge lang anhaltender Trockenheit. Diese Ereignisse haben einerseits die einzelnen Regionen Deutschlands in ganz verschiedener Weise getroffen, andererseits waren ihre Folgen an diversen Kulturen innerhalb der Regionen sehr unterschiedlich. Letzteres liegt an der Verschiedenheit der Entwicklungszyklen, der Ansprüche an Temperatur, Feuchtigkeit und Sonnenscheindauer etc. Die Auflockerung der Fruchtfolgen kann also einen wichtigen Beitrag zur Risikoabsicherung leisten, denn:
Es wird in fast jedem Jahr „Gewinner“ und „Verlierer“ geben.
Dies zeigt ein Vergleich der Ertragsabweichungen wichtiger Kulturen in den Jahren 2009 bis 2011 vom langjährigen Mittel der Jahre 1990–2011 (Abb. 1, S). 2011 kam es regional zu erheblichen Ertragseinbußen bei Winterraps und -gerste, vermutlich aufgrund der lang anhaltenden Frühjahrstrockenheit. Bei Mais und Zuckerrüben hingegen wurden überdurchschnittliche Erträge beobachtet.
Der Grund: Die in ihrem Entwicklungszyklus frühzeitig abschließenden Kulturen wurden durch die Trockenphase geschädigt, während die sich später entwickelnden Sommerkulturen von günstigen Bestellbedingungen im Frühjahr und den lange anhaltenden Sommerniederschlägen profitierten. Anders in 2010 – hier brachten Raps und Gerste witterungsbedingt überdurchschnittliche Erträge, während Rüben und Mais unterdurchschnittlich abschnitten.
Witterungsbedingte Risiken – vor allem die Wasserversorgung und zu hohe bzw. zu niedrige Temperaturen – sind für gängige Fruchtarten sehr unterschiedlich (Tab. 1). Einige Ereignisse treffen zwar generell alle Kulturen, ihre Auswirkungen können aber recht unterschiedlich sein: Hagel schädigt zwar alle Fruchtarten, kurz vor der Rapsernte kann ein derartiges Ereignis aber nahezu zum Totalausfall führen.
In Tab. 2 sind die witterungsbedingten Risiken für weniger gängige „Anbaualternativen“ aufgezeigt. Während Körnerfuttererbsen durch starke Niederschläge im Mai bis Juli ins Lager gehen können, profitieren Ackerbohnen aufgrund ihres längeren Wachstums genau in dieser Zeit von ausreichender Wasserversorgung. Daher hat es schon erfolgreiche Ansätze gegeben, beide Kulturen im Gemenge anzubauen.
Nicht in der Tabelle mit angeführt sind Lupinen, die vor allem auf trockeneren Standorten des südlichen Mecklenburg-Vorpommerns, in Brandenburg und in Teilen Sachsen-Anhalt angebaut werden. Dort ist das höchste Anbaurisiko neben der Erkrankung mit Anthraknose in den meisten Jahren eine unzureichende Wasserversorgung. Im Vergleich zu anderen anspruchsvolleren Kulturen kommen aber gerade die Lupinen mit vergleichsweise wenig Wasser aus.
Wirtschaftlichkeit ist monetär schwer fassbar
Um die Wirtschaftlichkeit der Alternativkulturen erfassen zu können, braucht es mehr als nur eine simple Deckungsbeitragsrechnung. Neben der Einsparung von Mineraldüngern, Pflanzenschutzmitteln und Bodenbearbeitungsgängen, der verbesserten Arbeitswirtschaft schlägt vor allem der Vorfruchteffekt, d.h. die Mehrerträge und -erlöse der Folgefrüchte zu Buche. Diese nehmen mit steigenden Erzeugerpreisen zu. Zudem ermöglicht die Aufnahme einer weiteren Feldfrucht oftmals doch die Etablierung durchgängig pflugloser Anbauverfahren ohne großes Risiko.
Vermarktung in Eigenregie steigert die Wertschöpfung
Beim Anbau von Körnerleguminosen ist die Vermarktung oft eine Herausforderung, da der Handel insbesondere kleinere Mengen während der Ernte kaum aufnimmt. Hinzu kommt, dass leider derzeit noch nicht nach dem tatsächlichen Futterwert abgerechnet wird. Daher ist oft die innerbetriebliche Verwertung oder die Kooperation mit viehhaltenden Betrieben eine interessante Alternative, die dem tatsächlichen Wert des Ernteproduktes eher gerecht wird. Da die Anteile in den Rationen häufig höher sein können, als bisher bekannt war, wird diese Möglichkeit von versierten Produzenten von Körnerleguminosen immer häufiger genutzt.
Auch Agrarumweltmaßnahmen, so sie in dem entsprechenden Bundesland angeboten werden, tragen zur Wirtschaftlichkeit bei. Hier wird die Erweiterung der Fruchtfolge, teilweise unter Einbeziehung von Körnerleguminosen, mit einer besonderen Flächenzahlung gefördert. Da derartige Programme einer Kofinanzierung aus den Landeshaushalten bedürfen, werden sie allerdings nicht in allen Bundesländern angeboten.
Ertragsschwankungen bei Leguminosen werden häufig überschätzt
Neben den witterungsbedingten Risiken gibt es weitere Faktoren, die die Ertragsbildung und -sicherung dieser „Alternativkulturen“ nachteilig beeinflussen können.
Hier sind vor allem Vogelfraß bei Körnerleguminosen in „Alleinlagen“ mit geringer Flächengröße und die teilweise dürftige Anzahl an zugelassenen Pflanzenschutzmitteln für Kulturen mit untergeordneter Anbaubedeutung zu nennen. Trotz dieser Schwierigkeiten werden die Ertragsschwankungen insbesondere bei den Körnerleguminosen häufig überschätzt. Dabei ist die tatsächliche Ertragssicherheit für die Planung von Fruchtfolgen sehr wichtig. Diese hängt neben den kulturartenspezifischen Ansprüchen und der Jahreswitterung natürlich auch von den Standortgegebenheiten und dem „Know-how“ der Betriebsleitung ab.
Aufschluss über die Ertragstreue der Kulturen können vor allem langfristige (ca. 20 Jahre) rückwärtige Betrachtungen geben. Präzise geführte Datenreihen des einzelnen Betriebes sind – falls vorhanden – zwar am besten geeignet, jedoch liegen nur selten Informationen zu „Alternativkulturen“ aus der Region vor. Ein Vergleich einer größeren Vielzahl von Kulturen kann aus den statistischen Erhebungen des Bundes oder des Landes und für bestimmte Arten mit besonders hoher Präzision auch von den Versuchsfeldern der Länderdienststellen erfolgen.
Raps ist überraschend ertragsinstabil
Eine derartige Auswertung ist in Tabelle 3 wiedergegeben. Die darin angegebenen sogenannten „Variationskoeffizienten“ sind ein Maß für die Ertragssicherheit: Bei niedrigen Variationskoeffizienten schwanken die Erträge weniger stark. Es muss hierbei allerdings beachtet werden, dass bestimmte Verzerrungen durch Wechselwirkungen unvermeidbar sind. Kulturen, die überwiegend auf besseren Böden angebaut werden, z.B. Zuckerrüben oder Weizen, haben für die Ertragssicherheit allein aufgrund der höheren Standortgunst bessere Voraussetzungen. Raps und Winterroggen werden hingegen eher auf den schwächeren Böden angebaut, was einen Teil der Ertragsunsicherheit erklären kann.
Herbizidresistente Unkräuter erfolgreich bekämpfen
Nicht nur die Folgen zunehmender Witterungsextreme sondern auch die teilweise deutlich zunehmenden phytosanitären Risiken lassen sich durch die Auflockerung der Fruchtfolgen mindern. Zum Bespiel kann die Integration von Ackerbohnen in die Fruchtfolge auf Marschstandorten den Druck durch herbizidresistente Ungräser wesentlich mindern. In dieser Sommerung kann sich der Herbstkeimer „Ackerfuchsschwanz“ kaum vermehren, sodass der Einsatz von Spezialherbiziden reduziert werden kann. Daneben werden wichtige Blatt- und Fußkrankheiten zurückgedrängt.
Auch wenn es sich ökonomisch schwer erfassen lässt: Eine Risikoabsicherung gegen Extremwettereignisse wird wirtschaftlich immer relevanter. Mit aufgelockerten Fruchtfolgen, der Auswahl ertragssicherer Kulturen und Sorten lässt sich das Risiko wirkungsvoll senken. Körnerleguminosen sind in Sachen Ertragssicherheit viel besser als ihr Ruf! Daneben spricht eine Reihe von pflanzenbaulichen Aspekten für eine Erweiterung des Kulturartenspektrums.