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Vegetationszeit besser nutzen mit Untersaaten

Karl-Volkert Meyer (Nordstrand) erkannte früh, dass mehr als 30 % Biogasmais bei ihm dauerhaft problematisch werden. Untersaaten können jedoch eine Möglichkeit sein, trotzdem langfristig ökonomisch zu wirtschaften.

Ackerbohnen-Hafermischung, Foto: Meyer
Ackerbohnen-Hafermischung, Foto: Meyer
Die unauffällige 620 kW-Biogasanlage der Nordstrander Inselenergie GmbH Co. KG auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von K.-V. Meyer ist seit 2011 in Betrieb und wird im kommenden Jahr 109 Haushalte der Halbinsel Nordstrand mit Wärme versorgen.

Zuvor baute Meyer für die Anlage eines Nachbarn Mais an. „Es zeigte sich, dass die schweren Kleiböden einen mehrfachen Maisanbau in Folge nicht tolerieren“, erläutert der Agraringenieur. „Die Bodengare geht verloren und bei nasser Maisernte – die haben wir hier nicht selten – entstehen deutliche Strukturschäden. Unsere sehr schweren Böden werden nach Silomais immer bindiger und schwerer zu bestellen, weil die Feinwurzeln fehlen, die für die Strukturerhaltung tonreicher Böden so wichtig sind. Hinzu kommen noch Probleme bei der Aussaat: Mitte April ist der Boden oft noch viel zu nass, der Mais kann dann erst im Mai gelegt werden.“ Ihm war schnell klar, dass mehr als 30 % Fruchtfolgeanteil von Mais nur schwerlich funktionieren kann. Seitdem probiert er Alternativen und zeigt sich hier sehr kreativ und offen in der Zusammenarbeit mit anderen Fachleuten. Beispielsweise gibt es eine Arbeitsgruppe zum Thema GPS-Versuche bestehend aus der Marktfrucht-Unternehmensberatung Nordfriesland e.V., der Norddeutschen Pflanzenzucht (NPZ) und dem Berater der SAATEN-UNION, Andreas Henze.

K.-V. Meyer vor einem Silo Ackerbohnen-Hafermischung
K.-V. Meyer vor einem Silo Ackerbohnen-Hafermischung

Ackerbohnen-Hafer-Gemisch als Gesundungsfrucht
Nach einer schwierigen Silomaisernte 2011 (Vorfrucht Mais), nach der die geplante Getreidebestellung unmöglich war, wurde eine Hafer-Ackerbohnenmischung mit den Sorten Aragon und Espresso gedrillt. Diese Maßnahme galt vor allem der Schadensbegrenzung, Ziel war nicht primär die Maximierung der Substratleistung der Fruchtfolge sondern vielmehr die Wiederherstellung der Bodenstruktur. „Das war ein voller Erfolg“, erläutert der Betriebsleiter. „Denn die Mischung lieferte 34–38 Tonnen Frischmasse bei einem Trockensubstanzgehalt von ca. 36 %. Da die GPS-Ernte in der ersten Augustdekade bei nahezu idealen Bedingungen erfolgte, standen mir für die Folgekultur alle Möglichkeiten offen. Und das Wichtigste aber war, dass die gute Durchwurzelung dem Boden sichtbar gut getan hat.“

Grasuntersaat in Wintergetreide
Ebenfalls aus der Not heraus kam ein weiteres Verfahren zum Einsatz: Die Grasuntersaat in Wintergetreide. „Wir hatten im letzten Winter Flächen mit Winterroggen und Winterweizen, die durch den Frost und/oder Gänsefraß stark ausgedünnt waren. Hier habe ich als Untersaat im Frühjahr TETRASiL®-ACKER Multi, eine weidelgrasbetonte Mischung, eingestriegelt. Nach der GPS-Ernte haben wir im Herbst einen zufriedenstellenden Grasschnitt eingebracht“, erläutert Meyer. Dieses System lässt im Herbst drei Optionen offen:

  1. Umbruch
  2. Das Gras dient als grüne Brücke bis ins Frühjahr, speichert Nährstoffe und man kann noch einen Schnitt im Frühjahr nutzen; Umbruch im Frühjahr.
  3. Wenn die Grasnarbe gut erhalten ist, kann auch noch ein zweiter und dritter Schnitt im Sommer erfolgen (ggf. Nachsaat). Dann stehen im August wieder alle Optionen für die weitere Fruchtfolge offen.

„Was mir an diesem System besonders gefallen hat, ist die Kombination aus Humusbildung, der Gärsubstratverwertung und der guten Biogaserträge. Zudem sind diese Flächen gute Schafweiden für den Winter.“ Die „Gastschafe“ halten das Gras vor Winter sehr kurz, damit liegen die Vegetationspunkte direkt über dem Boden und sind vor Frost besser geschützt. Auch Totgras sieht man hier nicht. Zudem ist die Narbe fester und im Frühjahr besser befahrbar und der Aufwuchs ist schnell und gleichmäßig.

Grasuntersaat in Sommergetreide
„Beim ersten Versuch, Grasuntersaat in Sommerweizen 2012 zu etablieren, haben wir das Gras zu dicht gesät. Daher hatte der Sommerweizen kaum eine Chance, die Ähren termingerecht zu schieben. 2013 haben wir die Aussaatmengen mit 150 kg/ha Getreide und ca. 25 kg Gras entsprechend korrigiert. Mit diesen Saatstärken verlief die Entwicklung beider Kulturen synchron. Den ersten Schnitt der Untersaat haben wir dann am 8. August eingebracht, den zweiten am 5. Oktober.“

Viele Kulturen erfordern durchdachte Organisation
Kulturvielfalt erfordert wegen der weit auseinander liegenden Erntetermine eine gute Ernteorganisation. Roggen-GPS wird im Juli, das Hafer-Ackerbohnengemisch Mitte August und der Untersaatschnitt Ende August eingebracht. Es besteht die Notwendigkeit, die Ernten zu synchronisieren, um arbeitswirtschaftliche Nachteile aufzufangen – mit Kompromissen beim TS-Gehalt.
Entweder bekommt jede Kultur ihr eigenes Silo oder die Silos werden teilweise wieder geöffnet, um das nächste Substrat aufzubringen.

„Wir sind noch am Anfang der Probephase. Zunächst müssen wir herausfinden, was bei uns überhaupt funktioniert und wie stark Vor- und Nachteile wiegen. Das gilt für Fruchtfolgen wie für die Logistik. Dabei versuchen wir zu ermitteln, welche Fruchtfolgen langfristig die ökonomischsten sind. Es bringt aber nichts, nur die einzelne Kultur zu bewerten“, betont Meyer. „Faktoren wie höhere Flexibilität, geringeres Produktionsrisiko oder weniger Bodenprobleme lassen sich zudem schwer monetär fassen.“

Betriebsübersicht:
Ständige AKH: 4
Biogas: 620 kW, 3 Gesellschafter
Boden: 70–90 BP, schwere Kleiböden häufig Minutenböden
Kulturarten: Pflanzkartoffeln (ca. 50 ha), Mais (ca. 50 ha), Winterweizen (ca. 80 ha), Winterhybridgerste (ca. 20 ha, Vermehrung), Winterhybridroggen (ca. 40 ha), Winterhybridraps
(ca. 30 ha, Vermehrung), Ackergras (ca. 25 ha), Rest (30 ha) Ackerbohne (Vermehrung), Hafer/Ackerbohne (Erbse), Hafer oder/und viterra® PRATOLEG

„Althergebrachte“ Produktionstechnik gegen Ackerfuchsschwanz

In weiten Teilen Schleswig-Holsteins hat eine enge Getreidefruchtfolge mit teilweise Stoppelweizen in Kombination mit frühen Aussaatterminen und partieller „Minidosierung“ von Herbiziden zu einer immer deutlicher werdenden Ackerfuchsschwanzproblematik geführt. „Gemengekulturen, Sommerungen, weite Fruchtfolgen – das ist althergebrachter Ackerbau. Und wir können mit den weiteren Biogasfruchtfolgen Synergien nutzen und Probleme wie Ackerfuchsschwanz in den Griff bekommen. Ich glaube, dass der Idealweg für diesen Standort in einer Kombination aus modernem konventionellem, Ansätze aus dem ökologischen Anbau und den Grundregeln unserer Vorfahren besteht“, ist er überzeugt.

„Mit den heutigen Kenntnissen und Techniken haben wir so viele Möglichkeiten, dass wir ohne einen Mehraufwand an Chemie auch mit Problemgräsern und -kräutern zurechtkommen.“ Schon in der Kartoffelfruchtfolge sei der Ackerfuchsschwanz um ca. 70 % zurückgegangen – ohne Totalherbizide einzusetzen. „Mit einer Winterfurche in der Fruchtfolge und einem gezielten Atlantis-Einsatz im Frühjahr können wir den Ackerfuchsschwanz noch gut kontrollieren. Auf den schweren Böden reduziert die Kombination Mais gefolgt von einer Sommerung oder einem Gemenge den Fuchsschwanz erheblich.“

Ganz neue Möglichkeiten
„Hier in der Region war es mit klassischen Fruchtfolgen nie möglich, Zwischenfrüchte anzubauen, weil die Zeit fehlte. Durch die Biogasfruchtfolgen mit frühräumender GPS haben wir jetzt ganz neue Möglichkeiten für die Etablierung von Zwischenfrüchten“. Auch hier wird er experimentieren, obwohl man wegen der Kartoffel- und Rapsanteile bei der Auswahl vorsichtig sein muss. Meyer wertet die Chancen, die Biogas ackerbaulich liefert, sehr hoch ein.

„Richtig eingesetzte Gärreste sind ein hervorragender Dünger in einem Kreislaufsystem. Mais ist eine gute Ackerkultur, wenn man genau hinschaut und Standorte wählt, auf denen Mais passt. Mit GPS lassen sich ganz neue Fruchtfolgen gestalten.

Ich will die Chancen einer weiten, wirtschaftlich vertretbaren Biogasfruchtfolge nutzen, um unsere fruchtbaren Böden nachhaltig zu fördern und möglichst positive Synergieeffekte auch für die Umwelt zu erschließen. “

Dr. Anke Boenisch, Andreas Henze

Stand: 19.12.2013