praxisnah sprach stellvertretend für die nördlichen Bundesländer mit der Peter Kölln KGaA (Elmshorn), einem mit Vertrag wirtschaftenden Landwirt von der Insel Rügen und für den Süden stellt die BayWa in Holzgerlingen (Baden-Württemberg) die Situation dar.
Woher beziehen Sie Ihren Hafer und wie stellt sich der Markt aus Ihrer Sicht dar?
Jörn Mehrens: „Wie beziehen unseren Hafer fast ausschließlich aus Deutschland und Skandinavien. Der Hafermarkt ist sehr volatil: In vielen Jahren sind gute Qualitäten in Norddeutschland und in Nordeuropa schwer zu bekommen. Besonders in den Jahren 2011 und 2012 war der Hafer aus vielen Regionen stark mit Mykotoxinen belastet. Über einen langen Zeitraum gesehen, liefern vor allem Finnland und Schweden bessere Qualitäten als Deutschland. 2013 jedoch waren die Qualitäten auch in Norddeutschland auf einem sehr hohen Niveau.“
Wie wichtig ist Ihnen Regionalität?
Torben Link: „Zurzeit stammt ca. 20 % des Rohstoffes aus Norddeutschland. Regionalität wird für uns zunehmend wichtiger, weil der Aspekt für viele Verbraucher einen immer höheren Stellenwert einnimmt.“
Anne-Dore Knaack: „Kunden, die hochwertige Haferprodukte kaufen, sind sehr sensibel für Qualität und hinterfragen auch Umweltaspekte. Regionalität – bis hin zum persönlich genannten landwirtschaftlichen Betrieb – heißt Transparenz und die schafft Vertrauen. Selektiv wahrnehmende Verbraucher/innen wissen das zu schätzen und stellen eine nennenswerte Markt-Größenordnung dar. Mit zunehmenden Lebensmittelunverträglichkeiten oder -allergien oder auch nur der öffentlichen Diskussion darüber wächst diese Verbrauchergruppe.
Wir haben schon 1999 begonnen, uns mit Bio-Hafer zu beschäftigen und unser Engagement schrittweise ausgebaut. Für unsere Marken verwenden wir ausschließlich Getreide aus Norddeutschland, weil lange Transportwege den Biogedanken unserer Ansicht nach untergraben.“
Sie lassen also den Hafer im Vertragsanbau produzieren?
Mehrens: „Im Vertrag wird nur der Biohafer zu 100 % erzeugt. Bei der konventionellen Rohware beziehen wir den Hafer überwiegend von den Erzeugern direkt oder marktangepasst über den Handel. Die Ware muss natürlich unseren Qualitätsanforderungen entsprechen. Wir haben dazu im Laufe der Jahrzehnte ein Netz von Händlern und Landwirten aufgebaut und auch immer wieder angepasst. Die gewachsene und vertrauensvolle Partnerschaft ist uns sehr wichtig und sie senkt das Geschäftsrisiko.“
Josy Witthinrich: „Wir sind selbstredend zertifiziert und daher müssen auch unsere Lieferanten mit dem QS-System konform sein.“
Link: „2010 haben wir ein Projekt mit Vertragsanbau auch für ein Segment im konventionellen Bereich gestartet. Es hat Pilotcharakter für ein Produkt – den Haferdrink – dessen Zielgruppe besonders interessiert und offen für diesen Produktvorteil ist. Das muss im Detail naturgemäß jedoch anders aussehen als im Bioanbau. Ziel ist es, qualitativ und quantitativ zuverlässige Ware zu bekommen, für das neue Segment
unserer regional erzeugten – und entsprechend ausgelobten – Produkte.“ Steht dann demnächst der Name des Produzenten auf Ihren Produkten?
Knaack: „Auf den Produkten dieses speziellen Segmentes soll dann tatsächlich stehen, wo und von wem der Hafer produziert wurde. Das schafft für den Endverbraucher Transparenz und Sicherheit. Ferner entwickeln wir auf diesem Wege unsere jetzige Auslobung „In Deutschland angebaut und verarbeitet“ weiter.
Wie viel größer ist dieser Mehraufwand für die regionale Produktion?
Mehrens: „Wir setzen uns mit dem Produzenten an einen Tisch und verhandeln die Vertragsdetails individuell. Das geht vom Preis bis hin zur Sorte. Wir haben natürlich als Mühle unsere klare Vorstellung von z.B. der Schälfähigkeit, der Ausbeute und dem Geschmack einer Sorte. Für den Produzenten sind dagegen noch ganz andere Aspekte wichtig wie Standfestigkeit, Gesundheit, Ertragsleistung etc. In unserem „Pilotprojekt“ kam die Sorte Ivory zum Einsatz, die die allermeisten Anforderungen beider Seiten erfüllen kann. Zudem ist ihr Geschmack herausragend, was für „unverfälschte“ Produkte wie den Haferdrink oder die klassischen Haferflocken sehr wichtig ist.“
Welche Voraussetzungen und Auflagen muss der Landwirt erfüllen?
Mehrens: „Er sollte Partien von mind. 350 Tonnen sortenrein anliefern können. Die QS-Standards – z.B. Hygiene – muss er ebenfalls erfüllen.
Wenn auf dem Betrieb gereinigt und gelagert werden kann, ist das von Vorteil, aber nicht obligatorisch. Noch haben wir keine Einschränkungen hinsichtlich des CCC-Einsatzes oder der Sikkation. Aber in diesen Punkten müssen wir gegebenenfalls mittelfristig auf die Verbraucherwünsche reagieren.“
Wie rechnet sich ein solches Modell für Kölln?
Knaack: „Unsere Konsumentinnen und Konsumenten hinterfragen die Produkte zunehmend. Es ist also der Imagegedanke führend. Diesem Wunsch können wir bei dem Haferdrink nunmehr Rechnung tragen und sehen dies als maßgeblichen Faktor zur Abgrenzung im Wettbewerbsumfeld.“
Witthinrich: „Aber auch die Produktsicherung ist ein Aspekt. Wir wissen, woher und in welchem Zustand und in welcher Menge wir die Ware erhalten werden.“
Wie sehen Sie die Zukunft des Vertragsanbaus?
Mehrens: „Für uns ist das zunächst einmal ein Projekt. Eine Weiterführung hängt auch davon ab, ob die Verbraucher diese Transparenz und Regionalität annehmen. Geschieht das, könnte diese regionale Auslobung einer bestimmten Produktschiene ausgebaut werden.
Und wenn das Projekt auch von unserem landwirtschaftlichen Partner positiv bewertet würde, könnte hier über den Vertragsanbau Hafer für weitere Landwirte wieder eine interessantere Marktfrucht werden.“
Das Gespräch führten Drs. Steffen Beuch und Anke Boenisch
Peter Kölln KGaA, Haferverarbeitung seit 1820 Im Hause Kölln wird intensiv wissenschaftliche Forschung zum Thema Hafer im Allgemeinen und speziell auf dem Gebiet seiner Wirkung auf den menschlichen Organismus betrieben; letzteres mit ausgewählten Partnern aus Klinik und Forschung. So konnte beispielsweise der präventive Wert des Hafers bei Herzkreislauferkrankungen wissenschaftlich belegt werden. |