Für die Landwirte sind die wirtschaftseigenen Dünger wie Mist und Gülle zunehmend auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht von großer Bedeutung und tragen innerbetrieblich in erheblichem Maße zur Wirtschaftlichkeit bei. Umso wichtiger ist es, diesen wertvollen Dünger dann ausbringen zu können, wenn es möglichst effizient und damit gewinnbringend ist.
Der optimale Ausbringungszeitpunkt steht nicht im Kalender
Was den richtigen Ausbringungszeitpunkt von Mist und Gülle betrifft, gibt es unterschiedliche, teilweise widersprüchliche Meinungen, Begründungen und Theorien von Institutionen und Wissenschaftlern. Letztlich ist deren Gültigkeit jedoch immer von der – unvorhersehbaren – Witterung abhängig ist. Deshalb sind starre Sperrfristen in Zeiten von Klimaänderung und Wetterextremen nicht mehr zielführend.
Meiner Meinung nach sollte immer die Befahrbarkeit der Böden Vorrang haben. Denn es ist unbestritten, dass es für unsere Böden am Wichtigsten ist, dass sie bei der Ausbringung nicht noch zusätzlich verdichtet werden. Bodenverdichtung heißt immer auch schlechtere Nährstoffverfügbarkeit und geringere Durchwurzelungstiefe. Hinzu kommt, dass auf verdichteten Böden je nach Wetterlage und Wassersättigung bei der Umsetzung des in der Gülle enthaltenen Stickstoffs vermehrt extrem klimaschädliches Lachgas gebildet wird.
Lieber öfter, dafür aber weniger
Mehr Freiraum bei der Ausbringung ihrer eigenen Dünger ließe die Möglichkeit zu, bei optimaler Befahrbarkeit und Aufnahmebereitschaft des Bodens zu fahren und insgesamt öfter, dafür aber mit weniger Menge zu düngen. Ein Beispiel: Grünlandbestände können auch den Stickstoff der Gülle im Spätherbst gut verwerten, Auswaschungsverluste sind dann nicht größer als bei einer Frühjahrsdüngung, wie langjährige Gülleversuche auch am Spitalhof in Kempten zeigten. Die jetzigen Ausbringungsfristen jedoch verhindern häufig eine effiziente Ausbringung. Entweder versucht man noch vor der Sperrfrist Gülle auszubringen oder/und am Ende der Frist sind die Güllelager übervoll und werden leergefahren. Auch, wenn der Zeitpunkt dann vielleicht gerade nicht optimal ist.
Die geplante Vorschrift zur bodennahen Ausbringung mit Schlepp-, Schlauch- oder Injektortechnik führt zu größeren Maschinengewichten mit mehr Bodendruck. Insbesondere in Hanglagen, Kleinparzellen und Feuchtflächen ist diese Technik zudem nur schwer möglich. Hinzu kommt, dass eine Neuanschaffung kleinere Betriebe extrem finanziell belastet und eine überbetriebliche Organisation sehr große organisatorische Probleme mit sich bringen kann.
Regeln ja, aber unternehmerisches Handeln muss möglich bleiben
Es ist natürlich auch klar: Es gäbe viele Fälle der „Gülleentsorgung“, wenn keinerlei Regulierung vorhanden wäre. Würde jede(r) fachgerecht mit Gülle und Co. umgehen, bräuchten wir keine Verordnung. Trotzdem glaube ich, dass diese strikte, flächendeckende Verordnung mehr Schaden bringt als Nutzen. Eventuell würde die Einrichtung einer regional zuständigen Behörde bzw. Beratungsstelle helfen, eine fachgerechte Gülleausbringung zu gewährleisten. Spezielle Schulungen oder ein Sachkundenachweis für Gülleanwendung könnten helfen, dass dieser Dünger optimal genutzt wird.
Franz Donderer: „Eine Anrechnung des Güllestickstoffs von 70 oder 80 % finde ich persönlich wünschenswert – das würde unsere Böden deutlich entlasten. Allerdings müsste man dann auf starre Ausbringungszeiträume verzichten. Für den Boden und die Umwelt ist es besser öfter kleine Gaben auszubringen als seltener zu fahren und dabei die Ausbringungsmengen (über Bedarf) zu erhöhen.“
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Betriebsdaten: Aichen (Landkreis Günzburg, Schwaben), Milchvieh- und Mutterkuhhaltung, Mast, Mitglied im Bioland-Verband seit 1981, mehr Information unter biohofdonderer.wordpress.com |
Moderne Landwirte/innen haben eine hervorragende Ausbildung und handeln nach unternehmerischen Prinzipien, denn sie führen ein Unternehmen! Sie sollten also ein Recht darauf haben, effektiv und gewinnbringend wirtschaften zu dürfen.
Die Möglichkeit, individuell, regional und einzelbetrieblich je nach Wetterlage und Bodenverhältnissen über die Gülleausbringung zu entscheiden, würde enorme Vorteile bringen.
Wir überfordern die Böden
Nitratfrachten sind meiner Ansicht nach kein reines „Gülleproblem“, sondern der Sachverhalt ist sehr viel komplexer:
- Störung der selbstregulierenden Mechanismen: Medikamente, Desinfektionsmittel aber auch einige Pflanzenschutzmittel können den Mikrobenhaushalt der Gülle und damit auch der Böden beeinflussen. Selbstregulierende Mechanismen der Böden (Hygienisierungs- und Filterfunktion) leiden dann darunter.
- Hinzu kommen auf sehr vielen Betrieben enge Fruchtfolgen mit nicht ausgeglichener Humusbilanz. Der Humusabbau wird durch Bodenverdichtungen verschärft, die durch schweres Gerät bzw. durch Befahren nicht ausreichend tragfähiger Böden verursacht werden. Das Haltevermögen der Böden geht zurück.
- Unflexible Gülle-Sperrfristen bringen das Fass dann zum Überlaufen: Führen sie doch zwangsläufig zu hohen Güllegaben, die in kurzer Zeit mit schwerem Gerät auf Flächen ausgebracht werden (müssen), deren Aufnahmefähigkeit nicht im Optimum liegt. Zeit, Gülle gleichmäßig auf die Flächen zu verteilen, bleibt nicht.
- Unsere Böden können größere Mengen an Gülle erheblich besser verarbeiten, wenn sie in kleinen Teilgaben verabreicht wird – bei nur geringen Verlusten. Vergleichbar der Mahlzeiten beim Menschen, sind viele kleine Portionen besser „verdaulich“ als eine große.
Die abnehmende regulierende Funktion der Böden in Kombination mit einer durch die Sperrfristen forcierte zeitlich, mengenmäßig und technisch suboptimalen Gülleausbringung führen unter anderem zu hohen Nitratverlusten mineralischer und organischer Dünger.
Meiner Ansicht nach wiegen bundesweit betrachtet die Nachteile der Verordnung schwerer als die Vorteile.
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