Zusammenfassung: Stellung des WeW® in der Fruchtfolge: Sowohl bei Friedrich Heins als auch bei Helmut Gockel und Martin Köchy steht Wechselweizen auf ca. 10–20 % der Weizenfläche nach spät räumenden Vorfrüchten, in der Regel Zuckerrüben, auf den besten Böden. Saatzeit: Die Wechselweizen-Faustregel zur Saatzeit lautet: Nie früh – immer spät! WeW® verschafft – da sind sich alle Diskussionsteilnehmer einig – viel Flexibilität in der Aussaat. Wenn die Bestellbedingungen im Herbst zu schlecht für eine Aussaat sind, kann man mit Wechselweizen quasi unbeschränkt warten. Winterfestigkeit von Spätsaaten: Auch bei Aussaatterminen im Januar gab es in den letzten Jahrzehnten (!) bei keinem der Diskussionsteilnehmer Schwierigkeiten. Keine der WeW®-Sorten ist jemals ernsthaft ausgewintert. |
Martin Köchy, Helmut Gockel und Friedrich Heins bauen seit vielen Jahren WeW® Wechselweizen an – im Konsum und als Vermehrung. Dabei steht der Wechselweizen auf ca. 10–20 % der Weizenfläche nach späträumenden Vorfrüchten, in der Regel Zuckerrüben. Denn genau dorthin gehört diese Weizenspezialität. Da WeW® Wechselweizen winterfest sind, jedoch keinen Vernalisationsreiz benötigen, kann er bei späten bis sehr späten Saaten ab Mitte Oktober bis in das Frühjahr hinein seine Vorteile ausspielen: mehr Ertrag und mehr Flexibilität als Winterweizensorten vergleichbarer Qualität, i.d.R. also E-Sorten. Hier die Anbauerfahrungen der drei Praktiker.
Wo stehen WeW® bei Ihnen in der Fruchtfolge und auf welchen Böden?
Friedrich Heins: Wechselweizen steht bei mir immer nach den späten Zuckerrüben und somit auch auf den besseren Böden.
Helmut Gockel: Wechselweizen steht auf den besten Böden, da hier immer die letzten Zuckerrüben geerntet werden.
Martin Köchy: In normalen Jahren sind es auch bei uns die besseren Böden, aber 2015 haben wir aus unterschiedlichen Gründen eine Ausnahme gemacht: Da waren es vor allem Kiesböden, also eher die im Vergleich schlechteren Standorte. Rückwirkend betrachtet war das nicht optimal, weil wir ja ausgerechnet in diesem Jahr diese lange Trockenheit hatten, die dann auch leider hier sehr schnell ertragswirksam wurde.
Gibt es bei Dezember-/Januarsaaten keine Schwierigkeiten in frostreichen Wintern?
Gockel: Natürlich haben die Pflanzen zunächst einen Entwicklungsrückstand gegenüber normal gesäten Winterweizen. Aber ich kann nur sagen, dass ich in all den Jahren – auch 2012 – nie Wechselweizenflächen habe umbrechen müssen oder auch nur darüber nachgedacht habe. Alle Sorten sind so wüchsig, dass Rückstände selbst von Februarsaaten bis zur Ernte aufgeholt werden: durch eine
extreme Vitalität im Frühjahr, eine bessere Bestockung und schnelleres Wachstum.
Köchy: Wir bauen seit über 30 Jahren Wechselweizen an, alle Sortentypen waren dabei. Uns ist auch noch kein Hektar erfroren.
Heins: Die Winterhärte kann ich bestätigen, die Wüchsigkeit im Prinzip auch. Manche Kollegen fahren ja auch die Strategie, nach späten Rüben frühreifen Winterweizen zu stellen und dann nach dem Rübenabtransport im Vorgewende Wechselweizen. Aber davon kann ich nach meinen Erfahrungen nur abraten: Früher Winterweizen holt Wechselweizen mit Ausnahme von der Sorte Naxos trotz aller Wüchsigkeit nicht mehr ein, bei Winterweizen mit normaler oder gar späterer Reife klappt dieses Verfahren aber ganz gut.
Heißt das, dass unabhängig vom Saatzeitpunkt die Wechselweizenernte doch in den „ortsüblichen“ Erntezeitraum von Winterweizen fällt?
Köchy: Das ist richtig. Die Arbeitsspitzenentzerrung und Flexibilität bei der Aussaat ist der entscheidende Vorteil von Wechselweizen. Er wird dann aber wirklich zeitgleich mit Winterweizen reif. Aber – und das ist auch wichtig: Wechselweizen kann nach Erreichen der Druschreife notfalls länger stehenbleiben. Er muss nicht sofort runter wie Winterweizen, weil sonst beim ersten Schauer die Fallzahl abschmiert. Das bringt im Notfall dann doch auch bei der Ernte einige Tage mehr Flexibilität.
Gockel: Wir hatten auch noch nie ein Fallzahlproblem. Heins: Und das, obwohl der Wechselweizen bei mir oft als letzter gedroschen wird – weil der hinsichtlich der Standfestigkeit besser durchhält als ein durchschnittlich standfester Winterweizen. Ich habe in Wechselweizen sehr selten Lager.
Anbautipp Aussaat: Ab Dezember 450–500 Kö/m². Nicht am Saatgut sparen! |
Aber bei der Fallzahlstabilität und Standfestigkeit gibt es doch sicher Sortenunterschiede?
Gockel: Ja sicher. Ich baue sehr gerne die doch schon ältere Sorte Naxos an. Naxos braucht schon 10 % mehr Wachstumsregler als die anderen Sorten.
Köchy: Matthus ist normal standfest, Granus und Lennox weit überdurchschnittlich.
Thema Saatzeit/Saatmenge: Wo liegt Ihrer Erfahrung nach der optimale bzw. maximal mögliche Zeitraum?
Köchy: Die Wechselweizen-Faustregel zur Saatzeit lautet: Nie früh – immer spät! Bei uns heißt das: nie vor dem 25.10., besser deutlich später. Nach hinten raus, gibt es eigentlich kein Limit.
Heins: Ich sehe zu, dass ich alle Flächen vor Weihnachten gedrillt habe, danach kommen dann ja oft längere Frostphasen.
Anbautipp Düngung: Aufgrund der Vitalität sollte die 1. N-Gabe geteilt werden oder die 2. sehr früh erfolgen. Nicht zu stark andüngen! |
Wie sieht es denn mit den Erträgen aus: eher wie Winter- oder wie Sommerweizen?
Gockel: Will ich die Erträge im Betrieb vergleichen, muss ich natürlich auch auf den Standort schauen. Ich baue wegen der frühen Reife als WeW® Wechselweizen oft Naxos an und diese Sorte liegt 5-jährig gut 8 % über dem Betriebsschnitt. Betrachte ich nur Rübenweizen im Vergleich, sind es immer noch ca. 2 dt/ha Mehrertrag. Also selbst wenn ich ganz vorsichtig formuliere: WeW® liegt im Vergleich zu spät gesätem Rübenweizen mindestens auf demselben Ertragsniveau.
Heins: Das kann ich für den Uehrder Betrieb bestätigen. Köchy: Ertragliche Überflieger sind die sehr spät gesäten Wechselweizenflächen im langjährigen Schnitt nicht. Aber sie garantieren mir eine sehr gute Ertragssicherheit und gute Qualitäten – gerade nach diesen späten Aussaaten ist das ja ganz wichtig! Der Ertrag ist bei Saatterminen von November bis Februar mit spät gesätem Winterweizen vergleichbar, danach geht es dann ertragsmäßig doch eher Richtung Sommerweizen.
Wie schneiden Wechselweizen in den offiziellen Spätsaatversuchen Ihrer Region ab, ebenso gut wie in Ihren Betrieben?
Gockel: Bei den offiziellen Versuchen werden ja alle Sorten gleichbehandelt: Da gibt es Gewinner und Verlierer. Bei den Gewinnern hat die Standardbehandlung gut gepasst, bei den Verlierern nicht. Dieses Jahr lag Wechselweizen in den offiziellen Versuchen knapp unter dem Durchschnitt, aber das ist eben nur ein einjähriges Ergebnis. Man muss aber immer mehrjährige Ergebnisse betrachten, um ein abschließendes Urteil fällen zu können.
Heins: Das ist auch der Grund, warum ich eine Sorte immer mindestens 2–3 Jahre im Anbau habe, auch wenn das erste Jahr nicht gut gelaufen ist. Nur so kann ich sie kennenlernen und die Maßnahmen sortenangepasst durchführen. Wenn ich dann feststelle, dass die Sorte nicht passt, nehme ich sie wieder raus.
Anbautipp Pflanzenschutz: Nach Zuckerrüben sollte immer nur gegen Brachfliege gebeiztes Saatgut verwendet werden. Das ist umso wichtiger, je schlechter das Rübenjahr war. |
Sie haben Wechselweizen fest in die Fruchtfolge integriert. Auf den meisten Betrieben wird er aber nur im Notfall bei sehr später Saat eingesetzt – warum?
Gockel: Ich kann das eigentlich nicht nachvollziehen: Man verliert nichts, im Zweifelsfall gewinne ich.
Köchy: Die Spätsaatflächen machen auf den Betrieben ja selten mehr als 20 % aus, aber auf diese Fläche entfällt doch das größte Anbaurisiko. Mit Wechselweizen kann man dieses Risiko ganz erheblich senken.
Heins: Und ertraglich liege ich dann auch in guten Jahren nicht schlechter als mit spät gedrilltem Winterweizen. In schlechten Jahren fahre ich mit diesen wüchsigen Wechselweizen sogar besser. Mit Wechselweizen auf den ganz späten Flächen kann ich jedenfalls besser schlafen.
Betriebsspiegel Klostergut Uehrde/Pächter Friedrich Heins/Vahlberg AF (ha): ca. 320 • angebaute Kulturen: WW, ZR, GW, RAW, Spargel, Körnererbsen • AK: 3,5 • Bodenzahl: 57–100 (Schnitt ca. 82) • durchschn. Niederschläge/Jahr: ca. 580 mm |
Betriebsspiegel Hansen-Hogrefe/Verwalter Martin Köchy/Ingeleben AF (ha): ca. 360 • angebaute Kulturen: ZR, WW, GW, WR, Silomais, Körnererbsen • AK: 2,2 • Bodenzahl: 58–100 (Schnitt ca. 88) • durchschn. Niederschläge/Jahr: 590 mm |
Betriebsspiegel Gut Radau/Geschäftsführer Helmut Gockel/Bad Harzburg AF (ha): ca. 670 • angebaute Kulturen: WW, WG, ZR, RAW • AK: 3,2 • Bodenzahl: 40–80, (Schnitt ca. 59) • durchschn. Niederschläge/Jahr: 658 mm |
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Dr. Anke Boenisch