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Düngeverordnung: Wie wird sich der Ackerbau verändern?

Die Novellierung der Düngeverordnung stellt insbesondere Tierhalter und Biogasanlagenbetreiber in viehstarken Regionen, aber auch nahezu alle anderen Betriebsformen vor erausforderungen. Dr. Stephan Deike, Landberatung Wefensleben, diskutiert mögliche Änderungen bei Fruchtfolge, Sortenwahl oder Bodenbearbeitungssystemen.

Mehr Sommergerste durch die DüV?
Mehr Sommergerste durch die DüV?
Änderungen der DüV vermindern Flexibilität bei Düngung

Die Novellierung der Düngeverordnung wird zahlreiche Verschärfungen für die Praxis mit sich bringen, auf die jedoch im Beitrag nur indirekt eingegangen werden soll. Als Beispiele seien hier die Pflicht zur bodennahen Ausbringung flüssiger Wirtschaftsdünger im Bestand, die vorgeschriebene Einarbeitung auf unbestellten Flächen innerhalb von vier Stunden (ab 2018: innerhalb einer Stunde!) sowie die Präzisierung der Ausbringungsvorschriften auf hängigen Flächen bzw. an Gewässern genannt. Auch die Erhöhung der vorzuhaltenden Lagerkapazität für flüssige organische Dünger sowie ab 2020 auch für Festmist oder Kompost sind in diesen Zusammenhang einzuordnen.

Stickstoffbedarfswerte; zm Vergrößern bitte anklicken
Stickstoffbedarfswerte; zm Vergrößern bitte anklicken
Unmittelbaren Einfluss auf die Anbausysteme im Ackerbau werden vermutlich aber besonders die nachfolgend genannten Vorschriften haben.

  1. Zuallererst gilt es, den ab 2018 im dreijährigen Mittel zulässigen N-Bilanzüberschuss von 50 kg/ha N einzuhalten. Der P-Saldo darf im Mittel des Betriebes nur noch 10 kg/ha P2O5 betragen. Bei hoch und sehr hoch mit Phosphor versorgten Flächen darf sogar nur bis zur Höhe des geplanten P-Entzuges gedüngt werden, da hier ein P-Saldo von 0 kg/ha P2O5 vorgegeben ist.
  2. Im Rahmen der neuen Düngeverordnung wird weiterhin die Vorgabe geändert, dass im Mittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche eines Betriebes höchstens 170 kg/ha N aus organischen Düngern stammen dürfen: Zukünftig werden auch Wirtschaftsdünger pflanz­licher Herkunft in diese Kalkulation einbezogen. Die N-Mengen pflanzlichen Ursprungs kommen ebenso bei den Ausbringungsgrenzen für Wirtschaftsdünger im Herbst zum Tragen. Hier wurden die Obergrenzen nach jetzigem Stand auf 30 kg/ha Ammonium- bzw. 60 kg/ha Gesamtstickstoff verringert.
  3. Im Herbst besteht auf Ackerflächen grundsätzlich ein Ausbringungsverbot für N-Dünger nach der Ernte der Hauptfrucht bis zum 31. Januar. Dies gilt für sämtliche Dünger mit wesentlichem N-Gehalt und somit sowohl für mineralische als auch organische Dünger. Als Ausnahmen des genannten Ausbringungsverbotes ist lediglich die Düngung zu Winterraps, Zwischenfrüchten und Feldfutter möglich (Aussaat bis zum 15. September). Ferner bleibt die Ausbringung bis spätestens 1. Oktober zur Wintergerste erlaubt, sofern diese nach Getreidevorfrucht und vor dem 1. Oktober gedrillt wird.
  4. Zu- und Abschläge je nach Ertrag; zum Vergrößern bitte anklicken
    Zu- und Abschläge je nach Ertrag; zum Vergrößern bitte anklicken
    Starke Effekte auf die Düngung in der Praxis werden ferner die Vorgaben der veränderten N-Bedarfsermittlung haben. Es sind nun verbindliche N-Bedarfswerte in Abhängigkeit der Kultur für ein mittleres Ertragsniveau ausgewiesen (Tab. 1). Bei einem höheren bzw. niedrigeren Ertragsniveau werden Zu- oder Abschläge mit einbezogen (Tab. 2). Darüber hinaus müssen vorgeschriebene Abschläge bei einem hohen Humusgehalt des Bodens, die N-Nachlieferung von Vor- oder Zwischenfrucht oder im Vorjahr ausgebrachter Wirtschaftsdünger sowie der Nmin-Gehalt im Boden beachtet werden. Aus den genannten Faktoren ergibt sich der N-Düngebedarf für den jeweiligen Schlag. Sollen im Frühjahr organische Dünger eingesetzt werden, muss der ermittelte N-Anfall entsprechend der Art und Menge abgezogen werden. Für die Wirtschaftsdüngerarten gibt es eine vorgeschriebene minimale N-Ausnutzung, die in die Kalkulation einfließen muss, sodass dann im Endeffekt eine verbindliche N-Obergrenze ausgewiesen wird.

Die Möglichkeiten, in der Praxis flexibel auf die Ansprüche des Bestandes infolge von Witterung oder Standort reagieren zu können, nehmen durch diese neuen Regelungen also stark ab. Demgegenüber nehmen Dokumentations- und Nachweispflichten erheblich zu.


Allgemeine Einflussmöglichkeiten in der Praxis

In Abhängigkeit der Betriebsstruktur, des Standorts und des Anbausystems werden Landwirtschaftsbetriebe in unterschiedlicher Art und Weise auf die genannten gesetzlichen Vorgaben reagieren (müssen).

Viehstarke Betriebe werden teils nicht umhin kommen, zusätzlichen Lagerraum für Wirtschaftsdünger zu schaffen. Außerdem müssen die betriebseigenen organischen Dünger möglichst effizient eingesetzt werden, um den ggf. notwendigen Export aus dem Betrieb sowie gleichzeitig den Zukauf von Mineraldüngern zu minimieren: z. B. durch eine vermehrte Ausbringung in der Hauptvegetationszeit, eine konzentrierte Applikation im Wurzelbereich sowie durch den Einsatz von Nitrifikationshemmern.

Ackerbaubetriebe können ihre Grunddüngung nur noch in deutlich geringerem Maße im Herbst bodenschonend durch preisgünstig zugekaufte Wirtschaftsdünger abdecken. Überwiegend wird somit eine gezielte Ergänzung um mineralische Grunddünger notwendig sein, selbst wenn organische Dünger auch in Ackerbaubetrieben vermehrt im Frühjahr ausgebracht werden würden.

Darüber hinaus werden unabhängig von der Betriebsform vorrangig folgende, sich oft gegenseitig beeinflussende Bereiche von den Änderungen der Düngeverordnung betroffen sein:

  1. Fruchtfolge bzw. Fruchtartenspektrum,
  2. Bodenbearbeitung,
  3. Sortenwahl sowie
  4. N- bzw. P-Düngungsregime.

Fruchtfolge: mehr Sommerungen, Leguminosen und Wintergerste

Wesentliche Veränderungen der Fruchtfolge oder des Anbauspektrums würden die meisten Betriebe vermutlich erst bei starken Einschnitten infolge der neuen Vorgaben im Rahmen der Düngeverordnung vornehmen. Bleibt es bei der Vorgabe, dass im Herbst nur zur Wintergerste und nicht zu anderen Getreidearten organisch gedüngt werden darf, würde sich der Anbauanteil der Gerste zumindest in pflügenden Anbausystemen sicherlich erhöhen. In durchgängig pfluglosen Anbausystemen wird jedoch das Management von Durchwuchsgetreide auch durch die verschärften Vorgaben zum Einsatz von Glyphosat bei der Vorerntesikkation hierbei deutlich erschwert. Diese Betriebe können daher den Anteil von Wintergerste nicht so ohne Weiteres deutlich erhöhen.

Im Hinblick auf die oftmals schlechtere N-Effizienz beim Anbau von Getreide nach Getreide verglichen mit dem Anbau nach Blattvorfrucht könnte der Anteil der Stoppelgetreidefläche mittel- bis langfristig zurückgehen. In Betrieben, die aufgrund eines geringen Anbauanteils von Sommerungen Schwierigkeiten haben, ausreichend Zwischenfruchtfläche für das Greening aufzubringen, könnten nach Getreidevorfrucht auch häufiger Sommergetreide oder Körnerleguminosen das Wintergetreide ersetzen.


Sortenwahl: kaum Änderungen zu erwarten

Auch die Sortenwahl wird sich sicherlich nicht schlagartig verändern. Im Raps gibt es schon seit geraumer Zeit eine indirekte Selektion durch die vergleichsweise niedrige N-Düngung in den Zuchtgärten, u. a. weil ein Großteil des aktuellen Sortenmaterials eine späte Abreife aufweist. Eine moderate Verringerung des N-Düngungsniveaus sollte daher nicht zu wesentlichen Verschiebungen im Sortenspektrum beim Raps führen. Dies gilt wahrscheinlich ebenso für Gerste, Roggen oder Triticale. Bei Weizen bleibt hingegen abzuwarten, ob sich auch seitens des Handels oder der Mühlen zukünftig Sorten mit höherer N-Effizienz aber möglicherweise geringeren Rohproteingehalten durchsetzen können. Denn dass ein geringerer RP-Gehalt nicht zwingend mit einer schlechteren Backfähigkeit verbunden sein muss, ist ein offenes Geheimnis.

Vor allem auf Standorten mit hoher Ertragserwartung bei gleichzeitig eingeschränkter N-Nachlieferung aus dem Boden wird es mit den künftigen Vorgaben zur N-Düngung indes schwer, die bislang geforderten Rohprotein- und Sedimentationswerte einzuhalten.


Bodenbearbeitung: Wieder mehr Pflug?

Wird Getreide nach Getreide pfluglos angebaut, wirken sich Düngungsmaßnahmen im Herbst zumeist sehr positiv auf die Vitalität der Bestände aus. Wenn dies noch zur Wintergerste möglich sein wird, könnte der Pflugeinsatz beim Anbau von Stoppelgetreide auch aufgrund seiner mineralisierenden Effekte im Boden wieder zunehmen. Besonders in engen Fruchtfolgen hat es sich ohnehin gezeigt, dass der dauerhafte Verzicht auf den Pflug phytosanitäre Probleme bereitet und Durchwuchs, Strohmanagement, Verungrasung, Mäuse oder Schnecken mit Pflug einfacher in den Griff zu bekommen sind.


N-Düngungsregime: gezieltere Applikationen

Unabhängig von der Betriebsstruktur werden die Betriebe versuchen, die N-Effizienz hinsichtlich der mineralischen und organischen Düngung weiter zu verbessern. Dies kann indirekt über die Verbesserung der Bodenstruktur erfolgen. Auch die gezielte Anwendung von Grunddüngung und Kalkung kann dazu beitragen, wobei hier insbesondere durch die teilflächenspezifische Applikation sowie die Einbeziehung von Ertragspotenzialkarten oft noch bemerkenswerte Effekte zu erzielen sind. Ferner ergeben sich durch den Einsatz von Sensorsystemen in Getreide und Raps, ggf. unter Berücksichtigung des teilflächenspezifischen Ertragspotenzials sowie mithilfe der exakten Biomassebestimmung vor Winter im Raps Möglichkeiten, die N-Effizienz weiter zu steigern.


Fazit

Mit der neuen Düngeverordnung muss die Effizienz der eingesetzten organischen und mineralischen Dünger weiter verbessert werden: über eine Anpassung des Düngungsregimes, durch eine geänderte Fruchtfolgegestaltung, Sortenwahl oder mithilfe einer intensiveren Bodenbearbeitung.

Die neue Düngeverordnung könnte unter Umständen auch dazu führen, dass der Anbau von Stoppelweizen zugunsten von Wintergerste oder Sommergetreide bnimmt, dass vermehrt Sorten mit einem höheren -Aufschlussvermögen angebaut werden oder der Pflug eine Renaissance erlebt.

 

 

Dr. Stephan Deike

 

Stand: 17.12.2015