Bei Pflugverzicht können sehr unterschiedliche Bedingungen zu völlig verschiedenen Düngungsstrategien führen, wie folgende Beispiele zeigen: Viele Landwirte führen auch bei Pflugverzicht eine relativ intensive Bodenbearbeitung durch: Scheibenegge, Grubber und zur Saat kreiseln. Dann ist das Stroh im folgenden Frühjahr fast vollständig abgebaut, und es gibt kaum Unterschiede zur Düngung nach Pflugfurche. Das gilt besonders nach günstigen Vorfrüchten wie nach Raps, Kartoffeln, Körnerleguminosen oder Strohabfuhr.
Auch bei pflugloser Bewirtschaftung nach Getreidevorfrucht können sehr unterschiedliche Bedingungen vorliegen. Teilweise sind die Flächen optimal strukturiert und durchlüftet, z. B. auf Böden mit hoher biologischer Aktivität oder auch beim Einsatz von Sämaschinen mit Streifenlockerung. Dann sind die Bestände nicht selten den Saaten nach Pflugfurche voraus, weil gepflügte Flächen oft stark verschlämmen – in diesem Fall mangelt es dem Bodenleben an Sauerstoff und die Mineralisierung setzt später ein als auf nicht gepflügten Flächen.
Andererseits gibt es natürlich auch viele pfluglos bearbeitete Flächen, auf denen der Boden dichter liegt, so dass diese im Frühjahr erst spät abtrocknen und sich nur langsam erwärmen. Hier startet die Vegetation und auch die Mineralisierung erst spät, die Flächen bleiben in ihrer Entwicklung hinter den konventionell bearbeiteten Flächen zurück. Dann ist es sicherlich richtig, die erste Düngergabe maßvoll zu erhöhen, um das Jugendwachstum und die Bestockung in Gang zu bringen; dafür können dann Abzüge bei den folgenden Düngergaben erfolgen.
Es kann für die Stickstoffdüngung bei pflugloser Bodenbearbeitung also kein Pauschalrezept geben. Zu schwer ist es vorherzusehen, wie viel Stickstoff im folgenden Vegetationsverlauf durch die Mineralisierung frei wird.
Stickstoffsperre durch Stroh
Bei konservierender Bodenbearbeitung und insbesondere bei Direktsaat wird zum Schutz vor Austrocknung und Erosion eine permanente Bodenbedeckung aus Stroh und Ernterückständen angestrebt. Nicht zuletzt versorgt die Mulchauflage das Bodenleben ständig mit Nahrung, wovon insbesondere tiefgrabende Regenwürmer profitieren. Viele Nichtpflüger streben deshalb keinen zügigen Strohabbau an, sondern wollen die Strohbedeckung mindestens bis zum Bestandesschluss der Folgekultur an der Bodenoberfläche erhalten. Eine weit gestellte Fruchtfolge verhindert, dass Krankheitserreger wie HTR/DTR oder Septoria tritici an den Strohresten überdauern und die Folgekultur infizieren.
Unter Umständen jedoch kann es durch das Stroh an der Bodenoberfläche zu einer Stickstoffsperre kommen. Das Stroh hat ein sehr geringes C:N-Verhältnis, deshalb benötigen die dort siedelnden Mikroorganismen Stickstoff. Dieser Stickstoff stammt sowohl aus dem Bodenvorrat als auch aus dem gestreuten Stickstoffdünger und wird anschließend im Mikrobeneiweiß eine Zeit lang immobilisiert. Bei einer flachen Stroheinarbeitung in den Boden kann dieser Effekt stärker ausgeprägt sein, als wenn die Erntereste bei Direktsaat vollständig an der Bodenoberfläche verbleiben. Bei herkömmlicher Stickstoffdüngung ist das Maß dieser Festlegung nur schwer einzuschätzen.
Alternative für mehr Kontrolle: Düngerinjektion
Kontrollierbarer ist die Nährstoffnachlieferung, wenn der Stickstoffdünger durch eine Injektion in den Boden direkt an die Wurzel gebracht wird. Durch eine Platzierung des Düngers unterhalb der Strohauflage werden Interaktionen zwischen Dünger und Stroh vermieden – die Pflanzen haben auch bei ungünstigen Witterungsbedingungen Zugang zu den dringend benötigten Nährstoffen. Gleichzeitig beugt dieses Verfahren auch gasförmigen Stickstoffverlusten vor.
Üblicherweise erfolgt diese Düngerinjektion mit den „Stachelrädern“ als CULTAN-Düngung (Controlled Uptake Longterm Ammonium Nutrition), also als Depotablage ammoniumhaltiger Düngemittel. Diese Ammonium-Depots sind für längere Zeit im Boden stabil. Die Pflanzen erschließen sich diese Depots mit ihren Wurzeln und entnehmen daraus den benötigten Stickstoff entsprechend ihres Bedarfs. Daher passen Direktsaat und CULTAN-Verfahren besonders gut zusammen, wobei insbesondere die gute Nährstoffverfügbarkeit bei Frühjahrstrockenheit hervorzuheben ist. Neben den Stachelrädern gibt es noch weitere Möglichkeiten zur Depotdüngung, z. B. die Verwendung von Schleppschläuchen oder Schlitzkufen zusammen mit dem Einsatz stabilisierter Ammoniumdünger. In der Praxis finden dabei auch Flüssigdüngemittel wie AHL-Verwendung, auch wenn dies mit seinem Nitratanteil nicht vollständig den Anforderungen des CULTAN-Verfahrens entspricht. Da die wachsenden Bestände im Frühjahr einen sehr hohen Nährstoffbedarf haben, konnten sich auch diese „Kompromissverfahren“ in der Praxis bewähren.
Platzierte Düngung zur Saat
Bei fast allen Herstellern sind inzwischen entsprechende Kombimaschinen mit integrierter Düngung für eine Platzierung zur Saat erhältlich. Gerade bei Sommergetreide hat sich dieses Verfahren sehr gut bewährt, wobei in der
Regel neben Phosphaten auch ammoniumhaltige N-Dünger eingesetzt werden, teilweise auch Volldünger. Als Unterfußdüngung kann insbesondere zu Sommergerste der gesamte N-Bedarf zur Saat appliziert werden. Neuere Maschinen kombinieren heute eine oberflächennahe Düngerablage (Unterfuß) mit einer krumentiefen Ablage (Unterflur), um einerseits eine optimale Ernährung der Jungpflanze abzusichern, andererseits aber auch das Wurzelwachstum in die Tiefe zu stimulieren. Praktiker berichten, dass mit Streifenlockerung bestellte Bestände Trockenperioden besser überstehen als herkömmlich gedüngte und letztlich deutlich höhere Erträge bringen.
Im Wintergetreide sollen diese Verfahren bei mittleren und späteren Saatterminen kräftige und tief verwurzelte Bestände ermöglichen, die im Frühjahr nicht mit einer Extraportion Dünger in ihrer Entwicklung gefördert werden müssen. Allerdings bringt die neue Düngeverordnung gerade bei der Herbstdüngung weitere Einschränkungen. Eine sinnvolle Möglichkeit ist hier der Einsatz der Saatbanddüngung. Hier werden gut pflanzenverträgliche Spezialdünger, die auch leicht verfügbare Mengen- und Spurenelemente enthalten, in fester oder flüssiger Form zusammen mit dem Saatgut in die Saatrille eingebracht. Für eine wirksame Förderung der Jugendentwicklung reichen bereits weniger als 10 kg/ha N aus.
Fazit Bei intensiver Bodenbearbeitung, tiefer Stroheinarbeitung und guten Vorfrüchten gestaltet sich die Stickstoffdüngung im Getreide bei Pflugverzicht nicht anders als bei der konventionellen wendenden Bodenbearbeitung. Je stärker aber die Bearbeitungsintensität eingeschränkt wird und je mehr Stroh und Ernterückstände an der Bodenoberfläche verbleiben, desto eher muss über alternative Düngungsverfahren nachgedacht werden. Dabei bleibt eine stärkere Betonung der ersten Düngergabe zur Förderung schwacher Bestände nur eine Notmaßnahme! Das gesamte Anbausystem soll die Jugendentwicklung und die optimale Nährstoffversorgung der Pflanzen absichern. Eine optimale Bodengare ist die Voraussetzung für eine intensive Durchwurzelung und Nutzung der im Boden vorhandenen Feuchtigkeit und Nährstoffe – Bewirtschaftungsmaßnahmen wie z. B. das Controlled Traffic Farming oder die Streifenlockerung können helfen, dieses Ziel zu erreichen. Auch eine CULTAN-Düngung, stabilisierte Düngemittel oder bei Direktsaat eine platzierte Düngergabe zur Saat sind hier sinnvolle Maßnahmen. Eine optimale Nährstoffversorgung erhöht auch die Stresstoleranz der Bestände. Hohe Erträge bei moderater Düngung verbessern aber nicht nur die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens für den Landwirt, sondern hinterlassen zur Ernte nur noch wenig Nitrat im Boden, das in das Grundwasser ausgewaschen werden könnte. |