Betriebsübersicht Paul und Christoph Gemmeke Marienmünster, Kreis Höxter (Nordrhein-Westfalen) Lage: 180–220 m ü. NN 180 ha Ackerfläche; 30–80 Bodenpunkte; Niederschlag: ca. 800 mm, ohne Frühsommertrockenheit 2 AK ca. 2.500 Mastplätze |
I Gemenge im Drusch für die Schweinemast
Das Land Nordrhein-Westfalen fördert eine vielfältige Fruchtfolge – d. h. den Anbau von mindestens fünf Hauptfruchtarten auf der Ackerfläche des Betriebes bei einem Verpflichtungsumfang von mind. 5 Jahren. Der geförderte Betrieb erhält dann je Hektar förderfähige Ackerfläche 90 €, bei Anbau reiner großkörniger Leguminosen mit einem Anteil von mind. 10 % erhöht sich diese Prämie auf 125 €. Eine wichtige Regel ist, dass jede Hauptfruchtart einen Mindestanteil von 10 % an der Gesamtfläche der Ackerfläche einnimmt und einen Anteil von 30 % an der Ackerfläche nicht überschreitet. Auf mindestens 10 % der Ackerfläche müssen Leguminosen oder ein Gemenge, das Leguminosen enthält, angebaut werden. Nach den Leguminosen bzw. Gemengen mit Leguminosen muss bis zum 15. November eine Folgefrucht folgen. Für Paul und Christoph Gemmeke, Schweinemäster aus dem Kreis Höxter, war dieses Programm Anlass, in den Mischanbau von Wintererbse und Triticale einzusteigen.
Gemenge senken das Produktionsrisiko
„Das Produktionsrisiko reiner Ackerbohnen- oder Erbsenbestände war uns einfach zu hoch – Lager, Druschfähigkeit und auch Probleme mit Wilder Möhre und Durchwuchsraps waren zu unkalkulierbar. Daher haben wir es gleich mit Leguminosengemengen probiert“, beschreibt Christoph Gemmeke die Anfänge. Über ihren Fachberater Klaus Schulze Kremer seien sie dann auf die Mischung Wintererbse/Wintertriticale gekommen, die bis heute im Anbau ist. Dabei dient die kurzstrohige Triticalesorte Grenado als Stützfrucht für die Wintererbsensorte James, was die Lagergefahr der Erbse drastisch senkt und somit auch die Druschfähigkeit des Gesamtbestandes verbessert. Sollte der Winter einmal so streng werden, dass die Wintererbse kapituliert und im schlimmsten Fall nahezu vollständig auswintert, hat das für den laufenden Antrag bei der Landwirtschaftskammer keine Auswirkungen.
„Uns ist in den letzten milden Wintern nichts ausgewintert. Aber wäre es so, hätten wir ja für die Landwirtschaftskammer alle Nachweise vorliegen, sodass es keine Probleme gäbe. Auch ertraglich wäre eine eventuelle Auswinterung der Erbse kein Problem: Die Triticale würde den Ausfall kompensieren“, erläutert Christoph Gemmeke das extrem niedrige Produktionsrisiko der Mischung.
Produktionstechnik ist Kompromiss – im Zweifel für die Triticale
Viele produktionstechnischen Maßnahmen stellen einen Kompromiss dar, im Zweifel aber wird für das Getreide entschieden.
Saat: Die Aussaat erfolgt im Verhältnis von 60 % Triticale zu 40 % Erbsen, was etwa 185 kg/ha entspricht. Wie läuft die Saat ab, wenn das Saatgut so extrem unterschiedliche Tausendkorngewichte mitbringt? „Beide Kulturen werden zusammen in einem Arbeitsgang ausgedrillt. Wir drillen mit einer Horsch Pronto, die einen vergleichsweise hohen Schardruck hat. Das Mischen des Saatgutes wird beim Befüllen der Maschine über die Befüllschnecke relativ schnell und problemlos erledigt", erläutert Paul Gemmeke das bewährte Verfahren.
Der Saattermin Anfang Oktober richtet sich nach der Getreidekultur, die Saattiefe ist mit 5 cm ein Kompromiss.
Düngung: Damit die Triticale im Frühjahr in Gang kommt, werden 60 kg Stickstoff/Hektar in Form von Schweinegülle ausgebracht (EC 21–25). „Das ist eine Menge, von der wir wissen, dass sie der Erbse nicht schadet. Wir planen im kommenden Frühjahr ein Spritzfenster, um zu ermitteln, wie weit wir hochgehen können“, so ist die Planung. Denn eines ist offensichtlich: Dem Getreide, in Reinbeständen mit 170 kg/ha N gedüngt, reichen 60 kg/ha N für eine optimale Entwicklung nicht aus. Von AHL als N-Dünger raten beide aufgrund der Ätzschädigung der Leguminose ab.
Wachstumsregler und Pflanzenschutz: Die Gemmekes halten den Boden im Herbst konsequent sauber. Ein zweimaliger Wachstumsreglereinsatz zu EC 30/31 bzw. EC 32 sowie eine Behandlung mit einem Halmbruchmittel sichern die Standfestigkeit des Getreides ab. Beides – wenig Konkurrenz durch Beikräuter und eine sicher standfeste Stützfrucht – hat sich auf diesem Betrieb als Grundvoraussetzungen für den Anbauerfolg herauskristallisiert.
Der weitere Pflanzenschutz unterscheidet sich nicht wesentlich von reinen Triticalebeständen, während die Erbse keine weiteren Maßnahmen benötigt. Behandlungswürdige Krankheiten oder ein Schädlingsbefall an der Leguminose sind in den letzten Jahren nicht aufgefallen.
Problemlose Ernte mit zufriedenstellenden Erträgen
Gedroschen wird auf diesem Betrieb meist Anfang August mit 15 % Restfeuchte des Bestandes. Auch die Erbse war in diesem Jahr zu dem Zeitpunkt sehr gut abgereift. Druschprobleme gab es keine und mit den Erträgen von 78 dt/ha trockener Ware war man im Hause Gemmeke sehr zufrieden. Zum Vergleich: Reine (Sommer)Erbsen bringen auf diesen Böden 40–50 dt/ha, der durchschnittliche Triticaleertrag liegt im Reinbestand bei 95–100 dt/ha.
Betriebsübersicht Wolfgang Friebel Landgut Kornhochheim GmbH, Landkreis Gotha (Thüringen) Höhe: 270 m ü. NN Jahresniederschlag: 500 mm Bodengüte: durchschnitt. 53 BP (30–80 BP) Ackerbaufläche: 600 ha, Grünland: 50 ha,Getreide: ca. 280 ha, Raps: ca. 150 ha, Legum.-Getreide-GPS: ca. 140 ha Leguminosen (Drusch): ca. 30 ha |
II Gemenge als GPS für die Rindermast
Unter ganz anderen klimatischen Voraussetzungen baut Wolfgang Friebel, Geschäftsführer der Landgut Kornhochheim GmbH, GPS aus Winterleguminosen/Getreidegemenge an. Auf dem Rindermast-Ackerbaubetrieb im Regenschatten des Thüringer Waldes werden normalerweise 800 Fleischrinder mit selbst produziertem Futter im Jahr gemästet. Doch 2015 fielen bis Anfang November gerade mal 53 % des Jahresniederschlages weshalb aus ökonomischen Gründen der Tierbestand reduziert werden musste.
Friebel bewirtschaftet 650 ha mit fünf Angestellten. Neben Raps und Getreide wird auf knapp 200 ha das Futter für die Rinder produziert. Es ist kaum Grünland vorhanden, Mais passt nicht recht auf die tonigen und kalten Böden, Spätfröste im Mai sowie Probleme mit Maiszünsler und Maiswurzelbohrer machen den Anbau problematisch.
Es brauchte also dringend Alternativen!
Unabhängig vom teurem Sojaprotein
„Bei der Mast ist weniger die Energie, aber umso mehr die Proteinversorgung der Tiere das Problem. Für ein optimales Wachstum braucht ein Tier 1.300 g Protein je Tag. Wir verzichten auf das teure Soja und ersetzen es mit selbst produzierten Körnerleguminosen-Getreide-GPS, Körnerleguminosen-Getreideschrot und Rübenschnitzel. Auf ca. 140 ha steht GPS, etwa 40 ha Gemenge werden gedroschen. Im Vergleich zu der früheren „klassischen“ Mastration haben wir keine Leistungseinbußen beobachtet.“
Mit Gemenge Förderprogramme gut umgesetzt
Friebel hat die unterschiedlichen Agrarförderprogramme des KULAP genutzt, zuletzt das Programm „Anwendung von bodenschonenden Produktionsverfahren im Ackerfutterbau“. Dort besteht die Verpflichtung, fünf Jahre auf 10 % der Ackerfläche kein Getreide, Mais oder Rüben anzubauen. Die Flächen dürfen rotieren und der Aufwuchs darf nicht vor dem 1. Juli des auf die Ansaat folgenden Jahres umgebrochen werden. In dieses Programm passten Gemenge aus Winterkörnerleguminosen und Wintergetreide, die zudem viele Anforderungen für seinen Betrieb erfüllten: Proteinreiches Futter mit guter Qualität und Ertrag nach dem 1. Juli, eine sehr gute Vorfrucht für den darauffolgenden Raps und Zeit, um den Tretmist aus der Rindermast auf dem Acker zu verteilen. Seit acht Jahren ersetzen diese Mischungen nun schon fast vollständig den Mais.
Winterfeuchtigkeit muss genutzt werden
Auf seinen tonigen Böden bei geringen Niederschlägen muss Friebel besonders die Winterfeuchtigkeit nutzen. So kamen für ihn nur die Winterleguminosen infrage. In den letzten acht Jahren hat Friebel viel ausprobiert: Zunächst wurde eine ungarische halbblattlose Wintererbse in Reinsaat bzw. im Gemenge angebaut. Weiter experimentiert wurde mit der in Deutschland zugelassenen Wintererbse James und der Winterbohne Hiverna. „Am liebsten baue ich Gemenge mit Winterbohnen und der standfesten Triticalesorte Augustino bzw. der Wintergerste Antonella an. Die Wintererbse kombiniere ich mit dem frühen Winterweizen Norin.“
Unkomplizierte Bestandesführung
Saat: Die Aussaat erfolgt Ende September in zwei Arbeitsgängen: Zunächst wird die Leguminose tiefer gedrillt, danach das Getreide. „Wir planen, eine Sämaschine mit getrenntem Saattank und individuell in der Tiefe verstellbaren Säscharen. Das wäre arbeitswirtschaftlicher und man würde den unterschiedlichen Anforderungen der Kulturen eher gerecht“, plant der Betriebsleiter. Die Aussaatstärke ist der massebetonten GPS-Ernte angepasst und wird mit 60 Körner/m2 Wintererbse bzw. 25 Körner/m2 Winterbohne und 75 % der normalen Saatstärke des Getreidepartners angestrebt.
Pflanzenschutz, Düngung: Die Bestandesführung wird sehr einfach gehalten. Eine Herbizidmaßnahme mit Boxer® + Stomp® Aqua im Herbst reicht meist aus, da der Bestand im Frühjahr sehr schnell schließt. Die Überwinterung bzw. Winterhärte der Körnerleguminosen sieht Wolfgang Friebel gelassen: „Das Getreide fängt den Schnee und so ist der Bestand optimal geschützt.“ Auch die Düngegabe ist sehr reduziert: Vor der Saat wird Rindermist eingearbeitet und im Frühjahr erfolgt eine Gabe von 80 kg/ha N.
Ernte: Für die Bestimmung des optimalen Erntezeitpunktes wurde Friebel von der TLL unterstützt. Es wurden Pflanzenproben aus dem Bestand genommen und der TS-Gehalt bestimmt. Die Silage soll einen TS-Gehalt von 32 % haben. Da Ackerbohnen und Erbsen ihren Wassergehalt langsamer reduzieren als Getreide, erfolgt die Ernte, wenn das Getreide einen TS-Gehalt von ca. 40 % erreicht hat. „Nach meiner Erfahrung haben Ackerbohnengemenge eine höhere Ernteelastizität als Erbsengemenge“, erläutert Friebel. „Mit Frischmasseerträgen von über 40 t/ha bei 32 % TS sind wir sehr zufrieden.“ Die Ernte für Ackerbohnengemenge erfolgt mit einem normalen GPS-Häcksler, die Silage wird mit einem Silierhilfsstoff einsiliert.
Die eingespielte Fruchtfolge und Futterproduktion wird im nächsten Jahr mit der Agrarumweltmaßnahme „Vielfältige Fruchtfolge“ weitergeführt und optimiert. Durchgeführte Versuche mit Winterhafer und Winterackerbohnen waren sehr vielversprechend.
Die Gespräche führten Dr. Anke Boenisch (Teil 1) und Silke Hadenfeldt (Teil 2)