Ernteausfälle durch starke Regenfälle und Überflutungen bei den großen Sojabohnenflächen in Südamerika (vor allem in Argentinien) haben diese Aufwärtsentwicklung noch verstärkt. Folglich konnten sich an den US-Börsen auch die Kurse für Weizen und Mais erholen und dadurch die Kursentwicklung an den europäischen Terminmärkten positiv beeinflussen. An der Pariser Matif stiegen die Kurse für die jeweiligen Frontmonate bei Raps in den letzten 5 Wochen um 16 €/t auf 379 €/t, für Weizen um 10 €/t auf 169 €/t (Sept.) und für Körnermais um 12 €/t auf 173 €/t (Monat November).
Ob dies für eine anhaltende Trendwende reicht oder nur eine kurze Erholungsphase darstellt, wird sich mit der Entwicklung in den nächsten Wochen zeigen.
Auswirkungen der Extremwetterlagen sind derzeit ein großes Thema
Auf dem deutschen Markt erhöhten die Händler die Gebote für Getreide und Raps; allerdings werden die Prämien bei der Ableitung von den Terminmärkten auf den Kassamarkt nicht 1:1 weitergegeben. Am Kassamarkt werden Restpartien der alten Ernte abgerechnet. In der 24. KW wurden z. B. in Hessen folgende durchschnittliche Weizenpreise (netto) frei Erfassungslager gehandelt: Qualitätsweizen 133,45 €/t , Brotweizen 129,93 €/t und Futterweizen 128,21 €/t. Futtergerste lag bei 120,17 €/t und Körnermais bei 150 €/t. Nur zum Teil kam es zu leichten Preisbefestigungen; Vorkontrakte fanden hier aktuell nur überschaubares Interesse.
Dies könnte sich bundesweit bzw. in ganz Europa mit den steigenden Terminmarktkursen allerdings schnell ändern, da durch die Unwetter der letzten Wochen in vielen Ländern nicht mehr mit ganz so guten Ernteaussichten gerechnet werden kann. Zudem gingen einige Getreidebestände ins Lager, sodass hier auch mit größerem Krankheits- und Schädlingsdruck zu rechnen ist. Die Auswirkungen der Extremwetterlagen sind derzeit ein großes Thema. Durch die feuchte Witterung der letzten Wochen ist Gelbrost überall ein Problem. Speziell in Frankreich ist der Fusarienbefall problematisch, weil dort die Weizenbestände bereits weiter entwickelt sind als in Deutschland und damit anfälliger für Pilze. Schwächere Qualitäten hinsichtlich hl-Gewicht, Eiweißgehalt und Fallzahl könnten das Ernteergebnis negativ beeinflussen.
Große Ernten weltweit – Erwartungen im von „El Niño“ beeinflussten Wettermarkt
Das US-Agrarministerium (USDA) hob am 10.06.2016 seine Prognose für die globale Weizenproduktion an. Auch Landwirte in der EU sollen mehr Weizen dreschen – trotz der Wetterkapriolen. Das USDA erhöhte in seinem Marktbericht „Wasde“ für Juni die Prognose für die weltweite Weizenerzeugung 2016/17 um etwa 3,8 Mio. t gegenüber dem Vormonat auf 730,8 Mio. t. Die Schätzungen der FAO* (724 Mio. t) und des IGC** (722 Mio. t) liegen leicht darunter. Da gleichzeitig auch der globale Verbrauch um rund 3,4 Mio. t gegenüber dem Vormonat auf 716 Mio. t steigt, wurden die Endbestände lediglich um 0,5 Mio. t nach oben korrigiert. Dennoch erreichen die Vorräte zum Ende der Saison 2016/17 mit 257,8 Mio. t ein Rekordniveau. Das USDA schätzt die Überhangvorräte für das laufende Wirtschaftsjahr 2015/16 auf 243 Mio. t. Die Produktionszuwächse im kommenden Wirtschaftsjahr gehen vor allem auf das Konto der EU, Russlands und der USA. Laut USDA wird die höhere Erzeugung in der EU, in Russland und den USA durch Rückgänge in Brasilien und Mexiko mehr als ausgeglichen. Die Weizenernte in der EU wächst um 1 Mio. t gegenüber dem Vormonat auf 157,4 Mio. t an, da besonders in Spanien ausgezeichnete Aufwuchsbedingungen durch ausgewertete Satellitendaten die positive Entwicklung begründen. Die Schätzungen für Frankreich bleiben trotz der Wettereinflüsse zunächst unverändert. Für Mais wird von IGC und USDA eine weltweite Erzeugung von etwa 1 Mrd. t erwartet.
Für die deutsche Weizenerzeugung rechnen Marktanalysten mit einer Ernte auf Vorjahresniveau in Höhe von 25,5 bis 26,5 Mio. t, während der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) in seiner 3. Ernteschätzung (Abb. 1) die erwartete Weizenmenge auf 25,4 Mio. t leicht nach unten korrigierte.
Das bleibt festzuhalten:
Trotz großer Ernteschätzungen bleiben die Exportmöglichkeiten und der Getreideverbrauch auf hohem Niveau – die Lager bleiben aber voll! Vor diesem Hintergrund scheint die derzeitige Trendwende auf den Terminmärkten daher auf einem wackeligen Podest zu stehen.
Ulrich Stahl/
Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen; Fachgebiet 31 Fachinformation Ökonomie und Markt