Die Empfindlichkeit von Mais gegenüber Trockenheit ist grundsätzlich stark abhängig vom Entwicklungsstadium der Pflanzen. Unter guten Wachstumsbedingungen ohne Trockenstress setzt sich der Trockenmasseertrag aus Restpflanze und Kolben zu etwa gleichen Teilen zusammen. Da der Kolben jedoch eine höhere Qualität im Vergleich zur Restpflanze aufweist (Verdaulichkeit, Stärkekonzentration, Energiekonzentration) ist die Kolbenausbildung für Ertrag und Qualität doppelt zu wichten.
Besonders empfindlich von Blüte bis Milchreife
Die Kolbenanlagen sowie die Anzahl der Kornreihen je Kolben werden bereits im 4–5 Blattstadium angelegt (Abb. 1). Die Kornanzahl je Kornreihe wird ca. ein bis zwei Wochen vor der Blüte in der Streckung der Maispflanze fixiert, ab dann nimmt der Umwelteinfluss deutlich zu. Bei starkem Trockenstress vor der Blüte kommt es zu einer verzögerten weiblichen Blüte, der Abstand vom Abschluss des Fahnenschiebens bis zum Erscheinen der Narbenfäden wird größer. In Extremfällen kann es so weit gehen, dass der gesamte Pollen der Fahne bereits ausgeschüttelt ist, bevor die Narbenfäden erscheinen. Maispflanzen mit Kolbenansatz jedoch ohne Kornausbildung sind die Folge.
In der Entwicklungsphase zwischen Blüte und Milchreife reagiert die Pflanze auf Umwelteinflüsse in Bezug auf Ertrag und Qualität besonders empfindlich, nach der Milchreife nimmt der Umwelteinfluss dann wieder ab. Der kritischste Zeitraum, in dem Trockenstress den Maisertrag sowie die Qualität am stärksten beeinflusst, ist vom Fahnenschieben bis zur sichtbaren Bildung von Körnern (BBCH 55–71). Bei normalen Saatterminen zwischen dem 15. und 30. April von frühen bis mittelspäten Sorten fällt der kritische Zeitraum unter Brandenburger Verhältnissen in etwa in die Mitte des Julis (±10 d). Bleiben die Niederschläge ab Mitte/Ende Juni aus, ist die Gefahr sehr hoch, dass der Mais kurze, nicht vollständig gefüllte Kolben bildet. Dies hat Konsequenzen für die Massebildung aber auch für die Qualität. Eine spätere Trockenheit ab Mitte Juli hat dagegen einen größeren Einfluss auf die Kolbenqualität, d.h. die Stärkekonzentration.
Auch Hitze kann problematisch werden
Hitze mit Temperaturen über 30 °C in Kombination mit einer geringen relativen Luftfeuchtigkeit kann selbst bei ausreichenden Niederschlägen die Fertilität des Pollens massiv reduzieren. Hohe Nachttemperaturen haben Atmungsverluste zur Folge, das führt zu Assimilatmangel bei den frisch befruchteten Körnern, die im schlimmsten Fall sogar wieder reduziert werden.
Die Befruchtung verläuft vom Kolbengrund zur Kolbenspitze, also erscheinen die Narbenfäden der Kornanlagen des Kolbengrundes vor den Narbenfäden der Kornanlagen an der Kolbenspitze. Dementsprechend tragen die Anlagen an der Kolbenspitze das höchste Risiko einer möglichen Reduzierung bei Assimilatmangel. So erklärt sich das typische Bild der ungefüllten Kolbenspitze zur Ernte in Stressjahren.
Modelle können das Stressrisiko ermitteln
Neben der absoluten Niederschlagsmenge und -verteilung spielt auch der Bodenpuffer, die nutzbare Feldkapazität (nFK) eines Standortes eine wichtige Rolle. Die nFK wird von Bodenart und effektivem Wurzelraum beeinflusst. Auf den schlechten Böden Brandenburgs mit Böden der Kategorie Mittelsand bis stark sandigen Lehmen1 und effektiven Wurzelräumen von 30 bis 60 cm kann man eine nFK von nur 25–60 mm zugrunde legen. Grundsätzlich gilt: Je größer die nFK, desto geringer das Risiko von Trockenstress. Wann tatsächlich Trockenstress für den Bestand besteht, ist auch von der Verdunstungsrate abhängig. Die Verdunstung des Bestandes ist abhängig von Wassergehalt des Bodens, Entwicklungsphase des Bestandes, Lufttemperatur und -feuchtigkeit, Wind etc. Die Anzahl der tatsächlichen Stresstage kann über diese Parameter mit mathematischen Modellen berechnet werden. Für Ost-Brandenburg wurden zur Berechnung die Tageswerte der Jahre 2003–2013 (10 J.) der Standorte Angermünde, Potsdam, Lindenberg und Cottbus herangezogen (Tab. 1).
Tab. 1 zeigt also, dass die Bodengüte mehr noch als die Witterung bzw. die Lage eines Standortes die Stresssituation eines Maisbestandes beeinflusst: Je schlechter der Boden, desto häufiger kommt es zu Trockenstress und damit zu Ertragsdepressionen. Auf schlechten Standorten Brandenburgs (z. B. 25 mm nFK) muss statistisch gesehen – also rein theoretisch – in 5 bis 6 von 10 Jahren mit Ertragseinbußen aufgrund von Trockenstress gerechnet werden.
Das Risiko über die Sortenwahl mindern
Je schlechter der Boden, desto größer also die Anforderungen an die Maissorten. Das Verhalten bei Trockenstress ist jedoch in den offiziellen Sortenprüfungen kein Untersuchungskriterium. Das geprüfte Kriterium Maisbeulenbrand ist ein – allerdings nur schwaches – Indiz für die Stressresistenz der Sorte. Der Pilz befällt bevorzugt nicht vollständig befruchtete Kolben, die als Reaktion auf Trockenstress vermehrt auftreten. Daneben infiziert er den Mais jedoch oft auch über Verletzungen des Stängels, die in keinem Zusammenhang mit Trockenstress stehen. In der Prüfung unterscheiden sich die Sorten zwar häufig nur um eine Note, aber für die Futteraufnahme ist das Vorhandensein/die Abwesenheit von Kolbenbrand ganz entscheidend.
Ähnliches gilt für trockene Blätter: Zwar hat das Abreifeverhalten der Blätter in Versuchen nur wenig Einfluss auf den Trockenmasseertrag, ein hoher Anteil an trockenem Material in der Maissilage kann sich aber sehr wohl negativ auf das Fressverhalten der Tiere auswirken. Eine sichere Befruchtung der Kolben ist das wichtigste Kriterium für Ertrag und Qualität. Da der erste Trockenstress oft früh kommt, ist eine zügige Jugendentwicklung auch unter kalten Verhältnissen von Vorteil (z. B. Sunshinos).
Die Kriterien Jugendentwicklung und Einkörnung der Kolben können mit relativ geringem Aufwand in eigenen Sortendemos selber geprüft werden. Man darf sich dabei aber nicht von optischen Merkmalen wie Wuchshöhe oder Blattstellung zur Siloreife blenden lassen, denn diese Parameter geben keinen Hinweis auf den möglichen Ertrag oder die Qualität.
Blühzeitraum staffeln – Risiko mindern
Welche Reifeklasse für Trockenstandorte die erste Wahl ist, kann auch aus offiziellen Versuchen nicht abgeleitet werden. Zu unterschiedlich sind die Niederschlagsverteilungen im Laufe der Jahre – mal trifft es spätere Sorten besonders hart, mal frühere.
Aber es macht Sinn, den Blühzeitraum über einen längeren Zeitraum zu staffeln, so entgeht man dem Risiko, mit dem gesamten Anbau in eine schadhafte Trockenphase zu gelangen. Mittelspäte Sorten haben einen höheren Temperaturanspruch als frühe Sorten – sowohl für die Blüte als auch für die Reife. Daher sollte man ruhig frühere Sorten zeitig säen und die späteren Saattermine mit mittelspäten Sorten belegen, denn so kann man die Blüte und auch den möglichen Erntezeitraum entzerren. Das ist gerade auch bei einer durch Hitze und Trockenheit verursachten schnellen Abreife der verschiedenen Sorten wichtig.
Es stehen also eine Reihe von Maßnahmen zur Verfügung, das Risiko von Ertragsrückgängen durch Trockenstress deutlich zu mindern.
Bertram Kühne