Der Einsatz von Wachstumsreglern ist eine entscheidende Stellschraube im intensiven Pflanzenbau. Hohe Erträge und sichere Qualitäten lassen sich nur realisieren, wenn die Bestände bis zur Ernte stabil bleiben.
Wichtig: Lagerrisiko richtig einschätzen!
Schritt eins einer erfolgreichen Wachstumsreglerstrategie ist die standortspezifische Analyse des Lagerrisikos, die Bestandesdichte, Standfestigkeit der Sorte, Düngestrategie und N-Nachlieferungspotenzial des Standortes einschließt. Je nach Situation bzw. Betriebsstruktur sind dabei einige Faktoren unveränderlich. So werden Veredlungsbetriebe wesentliche Anteile des Gesamt-Stickstoffbedarfs über organische Düngemittel (Gülle, Gärrest) decken. Sie haben es häufig mit einem hohen Stickstoffnachlieferungspotenzial des Bodens zu tun. Für sie ist es sinnvoll, auf eher standfeste Sorten zu setzen und die Bestandesdichte nicht durch zu frühe Aussaattermine unnötig zu überziehen (z. B. Faustus, Kamerad, Anapolis). In Marktfruchtbetrieben hingegen kann die Stickstoffversorgung der Bestände durch den Einsatz mineralischer Stickstoffdünger deutlich besser gesteuert werden. Hier stellt der Anbau von Sorten mit etwas geringerer Standfestigkeit kein hohes Risiko dar (z. B. Achim, Elixer). Gute Gründe dieses kalkulierbare Risiko in Kauf zu nehmen, können neben einem hohen Ertragspotenzial auch die im Vergleich besseren agronomischen Eigenschaften oder Verarbeitungsqualitäten sein.
Entscheidend für die Wirkung ist die Witterung
Im zweiten Schritt betrachtet man nun den eigentlichen Anwendungszeitraum der Wachstumsregler im Frühjahr. Hier sind Witterung und Vitalität des Bestandes die alles überragenden Faktoren und haben maßgeblichen Einfluss auf die Wirkung und die Verträglichkeit der Maßnahme.
Je höher die durchschnittlichen Tagestemperaturen und die Sonneneinstrahlung rund um den Anwendungszeitraum sind, desto intensiver ist die Wirkung der eingesetzten Wachstumsregler. Aber Achtung: Die Temperaturansprüche der verschiedenen Wirkstoffe unterscheiden sich deutlich! So wirkt Chlormequatchlorid (CCC) bereits ab einer Tagestemperatur von 8 °C relativ gut, während Trinexapac (Moddus®) und Ethephon (Cerone® 660) erst bei 12 bzw. 15 °C sinnvoll eingesetzt werden können. Gleichzeitig definiert der Faktor Temperatur aber auch Grenzbereiche. Bei starken Hitzeperioden oder Nachtfrösten rund um den geplanten Einsatztermin sollte die Applikation nach Möglichkeit verschoben werden, um Schäden zu vermeiden. Die Witterung in der Zeitspanne ca. 3 Tage vor und bis zu 10 Tage nach dem Applikationstermin ist also für die Wirksamkeit und Verträglichkeit des Wachstumsreglers entscheidend – nicht nur die am Ausbringungstag.
Da Wachstumsregler in der Regel in Tankmischungen mit anderen Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden, tritt häufig eine gewisse Wirkungsverstärkung ein. Um das Risiko von Schäden zu minimieren, sollten die Aufwandmengen der Wachstumsregler in Mischungen mit gut formulierten Fungiziden und/oder Herbiziden verringert werden. Bei kritischen Witterungsbedingungen bergen solche Tankmischungen ein zu hohes Risiko und auch Kombinationen mit gräserwirksamen Herbiziden sind grundsätzlich nicht empfehlenswert.
Wachstumsregler sind Stress für die Pflanze
Jeder Wachstumsreglereinsatz ist ein Eingriff in den Hormonhaushalt der Pflanze und damit Stress für ihren Metabolismus. Je vitaler der Bestand ist, desto besser wird die Maßnahme vertragen. Ist das Getreide z. B. durch Trockenheit oder Nährstoffmangel bereits geschwächt, steigt das Risiko von Schäden. Allerdings muss man sich auch klarmachen, dass die wirtschaftlichen Verluste durch Lager in der Regel deutlich höher sind als die Schäden durch einen unangepassten Wachstumsreglereinsatz.
Eventuell von klassischen Terminen abweichen
Damit eine Wachstumsreglerstrategie erfolgreich ist, muss die optimale Schnittmenge zwischen dem richtigen Entwicklungsstadium des Getreides und der passenden Witterung gefunden werden. Das Entwicklungsstadium ist maßgeblich für die physiologische Wirksamkeit der sogenannten Halmverstärker und gibt das Zeitfenster für die Maßnahme vor. Klassischerweise sind drei Termine zu unterscheiden: EC 29/30, EC 31/32 und EC 37/39.
Während für Weizen und Triticale in der Regel zu den ersten beiden Terminen „eingekürzt“ wird, sind es in Gerste und Roggen eher die letzten beiden. Gerade in Szenarien mit erhöhtem Lagerrisiko unterstreicht die Erfahrung aus dem vergangenen Frühjahr, dass es durchaus sinnvoll sein kann, diese klassische Strategie zu erweitern: Zu EC 29/30 (Bestockungsende/Schossbeginn) Ende März 2017 herrschte in vielen Regionen traumhaftes Wachstumsreglerwetter – hell und teilweise deutlich über 15 °C. Drei bis fünf Wochen später zum klassischen „Moddus®-Termin“ (EC 31/32) hingegen erschwerten Temperaturen um die 10 °C und Nachtfröste den Wachstumsreglereinsatz erheblich.
Um das Risiko in Szenarien mit erhöhtem Lagerrisiko weiter zu streuen, empfiehlt es sich, zum ersten Wachstumsreglertermin etwas anders vorzugehen. In Weizen und Triticale kann ein Trinexapac-haltiges Produkt das CCC ergänzen. Die frühe Zulassung neuer Produkte (z. B. Moddus® Start) macht es möglich. Anschließend muss dann im Falle schwieriger Witterungsverhältnisse nicht mit der „Brechstange“ eingekürzt werden.
Trinexapac in Wintergerste: Solo, mischen oder splitten
In der Wintergerste ist es bei günstiger Witterung immer noch sinnvoll, beim altbewährten Standard – Moddus® in EC 31/32 – zu bleiben. Herrschen zu diesem Zeitpunkt jedoch suboptimale Anwendungsbedingungen wie kühles und bedecktes Wetter, bringen erhöhte Aufwandmengen als Ausgleich nichts. Das Moddus® braucht dann stattdessen einen Mischpartner, der die Wirkung verstärkt. Mögliche Mischpartner in Gerste sind in diesem Fall Medax® Top, Cerone® 660 oder auch Bogota® Ge (ähnlich Terpal® C). Vorsicht bei solchen Kombinationen ist auf leichten Standorten und bei wüchsigem Wetter geboten!
Fazit
Innovationen im Bereich Wachstumsreglereinsatz waren in den letzten Jahren eher spärlich vorhanden. Es stehen lediglich immer mehr Produkte mit den gleichen, altbekannten Wirkstoffen zur Verfügung. Diese bieten allerdings aufgrund breiterer Zulassungen neue Anwendungstermine und Strategien zur Verringerung des Anwendungsrisikos. So können Bestände mit erhöhtem Lagerrisiko schonend und wirkungsvoll gegen ungünstige Witterungskonstellationen abgesichert werden.