Der Familienbetrieb Wilmsen liegt in Kalkar am Niederrhein im Kreis Kleve. Von der ackerbaulich genutzten Fläche von ca. 500 Hektar entfallen ca. 90 ha auf den ökologischen Anbau. Im Grunde handelt es sich um drei Betriebe: ein Lohnunternehmen, einen konventionellen und einen ökologischen (Naturland) Betrieb. Buchhalterisch, steuerlich und ackerbaulich sind die Geschäftsbereiche sauber voneinander getrennt, und doch arbeitet man hier so eng wie möglich zusammen.
Nach dem Ende des Agrarstudiums des Sohnes entschied sich Familie Wilmsen 2017 mit einem Teil der Fläche dem damaligen Ökotrend zu folgen. „Als reiner Ackerbaubetrieb ist die Umstellung eines Betriebes weniger aufwendig als mit Viehhaltung und Naturland lässt auch dieses enge räumliche Nebeneinander zu. Wobei wir natürlich alles sauber trennen und dokumentieren müssen und hier wird dann auch sehr genau bei den Kontrollen hingeschaut“, beschreibt Wilmsen. Das sei durchaus mit Molkereien vergleichbar, die auch Ökoprodukte und Nicht-Ökoprodukte herstellen.
Der konventionelle Betrieb fährt intensive Fruchtfolgen mit Hybridrapsvermehrung – Zuckerrübe – Wintergetreide (Weizen, Dinkel) – Kartoffel – Silomais – Wintergetreide. Geforderte Anbauabstände einzelner Kulturen sorgen teilweise für weniger optimale Vorfrucht-Nachfrucht-Kombinationen, beispielsweise Zuckerrüben nach Raps. Bisher war das durch Debut® noch gut möglich. Bei guter Marktsituation wurde in den vergangenen Jahren zusätzlich Gräservermehrung betrieben.
Auch die biologische Fruchtfolge ist nicht in Stein gemeißelt, weil man natürlich flexibel bleiben will. Im Moment wird mit Winterweizen (Vermehrung)/Wintergerste (Futter für die Futter-Mist-Kooperation) – Kartoffel – Silomais/Kürbis – Getreide – Sommerackerbohne (Vermehrung) geplant. „Meiner Ansicht nach braucht es für den ökologischen Ackerbau zur Gesunderhaltung der Böden zwingend organischen Dünger. Da wir keine Tierhaltung haben, beziehen wir unseren Dünger aus einer Futter-Mist-Kooperation. Ein Teil des Wintergetreides und der Silomais werden also getauscht“, erläutert Wilmsen. Zumindest ungewöhnlich für diese schweren Böden ist der Anbau von Speise- und Industriekartoffeln, der aus technischer Sicht aber funktioniert und das ohne Beregnung und mit einer besseren Schalenqualität.
Bürokratischer Aufwand ist gewachsen
Das enge Nebeneinander von Öko und Konventionell hat Vor-, aber auch Nachteile. „Wir müssen natürlich alles sehr sauber dokumentieren. Den zusätzlichen bürokratischen Aufwand habe ich am Anfang wirklich unterschätzt – der ist immens! Auch die Steuerberaterkosten sind gestiegen. Wir haben uns im Büro Unterstützung holen müssen und auch die Software haben wir umgestellt. Mit ,Agrarmonitor’ vermeiden wir viele Stolperfallen“, erläutert Max Wilmsen. Durch die langjährige Vermehrungstätigkeit hatte man aber auch schon viel Erfahrung, was die saubere Logistik und Maschinenreinigung betrifft. Erleichternd kommt hinzu, dass weder Kartoffeln noch Getreide auf dem Betrieb gelagert werden müssen, da ex Ernte an die Marktpartner geliefert wird. Den beschriebenen Nachteilen stehen aber auch Vorteile gegenüber. So werden die oft gemeinsam genutzten Maschinen besser ausgelastet und Arbeitsspitzen werden entzerrt.
Beide Systeme profitieren voneinander
Einen Betrieb auf Öko umzustellen, heißt auch, seine eigene Sichtweise zu ändern. Diese Erfahrung hat auch Max Wilmsen gemacht. „Man lernt, besser hinzuschauen. Wir trauen uns jetzt auch im konventionellen Bereich, Fungizide zu reduzieren – durch gute Applikationstechnik und optimierten Anwendungszeitraum – und mehr Pilzerkrankungen und Insekten zuzulassen. Im Ökoanbau überraschen die Pflanzen hinsichtlich ihrer Kompensationsfähigkeit immer wieder.“ Keine Gnade kennt er als Saatgutvermehrer beim Unkrautmanagement – das gilt für beide Betriebsformen. Deshalb kam auch der Pflug auf den Betrieb zurück, ohne den es, wie viele Versuche gezeigt haben, hier nicht möglich ist. Auf den schweren Böden ist die Befahrbarkeit zum optimalen Zeitpunkt des mechanischen Beikrautregulierung oft nicht gegeben. Allerdings: Durch die breit gefächerte Fruchtfolge mit Wechsel aus Sommerung und Winterung sind weder Ackerfuchsschwanz noch Windhalm ein größeres Problem.
2024: für beide Systeme fordernd
2024 hat der hohe Krautfäuledruck beide Systeme herausgefordert. Im Ökolandbau kann zwar Kupfersulfat vorbeugend eingesetzt werden, das Mittel schützt aber ausschließlich die direkt benetzte Blattfläche und der Schutzfilm kann zudem vom Regen abgewaschen werden. Da im eigenen Lohnunternehmen schlagkräftige Technik zur Verfügung steht, ist es möglich, diesen Schutz öfter zu erneuern, indem kleinere Mengen ausgebracht werden. Zudem ermöglicht die moderne Düsentechnik, tiefer in den Bestand einzudringen und so die Blätter gleichmäßig zu benetzen. Darüber hinaus hat Wilmsen beim Vergleich Öko/Konventionell beobachtet, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln die Pflanzen oft ganz erheblich stresst. „Der chemische Pflanzenschutz ist zwar einerseits eine gute Absicherung, andererseits aber oft – rückwirkend betrachtet – unnötig, zu hoch dosiert oder zum falschen Zeitpunkt ausgebracht. Da können viele Fehler gemacht werden. Dann kostet die Phytotoxizität durch die Mittel Ertrag und am Ende rechnet sich das alles nicht. Wenn man aber der Pflanze optimale Wachstumsbedingungen schafft, kann unglaublich viel kompensiert werden.“
Daher wird im konventionellen Bereich jetzt auch gestriegelt – primär für eine bessere Belüftung und Mineralisierung. „Diese schweren Böden brauchen Durchlüftung durch den Wechsel von Schrumpfen und Quellen – aber wir haben durch den Klimawandel immer seltener eine ausreichende Frostgare. Zudem ist der Anteil der Winterfurche rechtlich begrenzt. Zwischenfrüchte – wir arbeiten zur Zeit mit viterra® INTENSIV N-Plus, einer Mischung aus Ölrettich, Wicke und Rauhafer – bringen auch Luft und Struktur in den Boden. Ich beobachte jedoch sehr intensiv die Diskussion in der Fachpresse, welche Pflanzen das Zikadenproblem fördern und welche eher hemmen. Noch ist es hier in dieser Thematik ruhig – aber das kann sich schnell ändern.“
Ziel: 70 % der konventionellen Erträge
Max Wilmsens Ziel ist es, im Ökoanbau 70 % der konventionellen Erträge zu realisieren. „Man hört oft, dass 50 % des konventionellen Ertragsniveaus für eine Wirtschaftlichkeit ausreichen. Das sehe ich für meinen Betrieb nicht so: Der Ökoanbau muss generell unter anderem über leistungsfähige Sorten effektiver werden – auch, um den CO2-Foodprint zu senken. Im Getreide habe ich bei Öko und Konventionell dieselben Hektarkosten und bekomme 30 bis max. 40 % mehr für das Produkt. Aber eben nicht 100 %!“ Die ersten Jahre seien in beiden Systemen fast dieselben Getreideerträge/Hektar erzielt worden, aber jetzt merke man langsam doch, dass die Nährstoffgehalte der Böden unter denen der konventionellen Flächen liegen.
„Wenn ich irgendwann merken sollte, dass ein Standort an Qualität einbüßt oder der Unkrautdruck unbeherrschbar wird, würde diese Fläche wieder in den konventionellen Bereich überführt werden“, zeigt sich Wilmsen ideologielos.
Fazit
Ob das Geschäftsmodell auch langfristig existieren wird, lässt Wilmsen offen. „Im Moment profitieren beide Systeme voneinander, der Mehraufwand ist akzeptabel, wir haben unseren Horizont dadurch erweitert. Aber man muss auch sehen, dass das Produktionsrisiko im Ökobereich sehr groß ist – gerade bei der Kartoffel. Wirtschaftlich war das bisher kein Rückschritt. Wenn das so bleiben würde, wäre das super. Wenn nicht, müssen wir umdenken. Dann wird es vielleicht auch ein Mittelweg aus beiden Systemen.“
Bilder: Wilmsen, SAATEN-UNION